Aus dem Leben von Heinrich Bandlow
Heinrich Johann Theodor Bandlow wurde am 14.4.1855 in vorpommerschen Tribsees geboren. Sein Vater Christian war in der Stadt ein tüchtiger Tischlermeister, der u. a. 1864 mit einem anderen Meister zusammen die Tischlerarbeiten anlässlich der Neueinrichtung der Kirche von Tribsees vornahm. Seine Mutter Wilhelmine war eine geborene König. Sie stammte aus dem benachbarten (heute Bad) Sülze. Heinrich Bandlow selbst schrieb 1925 in einem Artikel „Aus meinem Leben“, dass seine Vorfahren wohl aus Friedland in Mecklenburg nach Pommern einwanderten und aus einem Brauergeschlecht stammten. Die Bandlows in Tribsees wandten sich aber „anderen werteschaffenden Gewerben“ zu, lebten kleinbürgerlich und traten in der alten kleinen Stadt nicht besonders hervor.
Das Ehepaar Bandlow gab vier Söhnen das Leben, wobei Heinrich als dritter geboren wurde. „Der Vater war ein stillvergnügter, rastlos tätiger und äußerst solider Mann, der von morgens bis abends schaffte und arbeitete und das lustige Vereins- und Wirtshausleben vieler anderer Handwerker nicht mitmachte“. Bei der Mutter lagen die Freuden und Lasten der Erziehung der Kinder. Bisweilen fühlte dies auch Heinrich Bandlows Rücken, wie er sich erinnerte.
In seiner Vaterstadt besuchte der junge Heinrich die gehobene Stadtschule. Während dieser Zeit war er den beiden außerordentlich tüchtigen Rektoren und Theologen namens Bublitz und Reep dankbar. Hier blieb er bis zu seinem 17. Lebensjahr. Dann nahm ihn das Franzburger Seminar1 „liebreich in seine Arme“. Hier wurde „mit Ausnahme von Religion die Gelehrsamkeit in schwachen, verdünnten Dosen verabreicht, so dass man nicht viel mehr lernte, als man später an die Schulkinder verausgaben sollte“. Nach der „klösterlichen Einsamkeit des Seminarlebens schmeckte die Freiheit als junger Lehrer in Richtenberg besonders gut“. So Bandlows Erinnerungen über diese Zeit im oben erwähnten Lebensrückblick von 1925. Mit 21 Jahren wurde er in Richtenberg während des Winters zum Lebensretter. Drei Personen brachen auf dem Eis ein und wurden von ihm sowie weiteren Personen gerettet.
Später folgte im Amtsblatt eine öffentliche Belobigung. Zwei Jahre verblieb Bandlow in Richtenberg, um dann eine Anstellung in seiner Vaterstadt Tribsees zu erhalten. Allerdings pilgerte er an Sonnabenden weiter gern weiter nach Richtenberg. Hatte er hier doch „ein liebes, sanftes Mädchen“ gefunden. Es war des dortigen Müllers Töchterlein namens Elise Hacker. Ihr Vater war der Müllermeister Fritz Hacker, die Mutter Marie, geb. Barth. Am 30.5.1879 heirateten die beiden. Sechs Kinder wurden geboren:
Fritz, *21.2.1881, – Marie, *26.10.1882, – Martha, *28.5.1885, – Konrad, *7.12.1887, – Elise, *26.6.1891, – Rudolf, *4.1.1895.
Zum tiefsten Leid der Familie verstarb Konrad bereits 1921. Heinrich Bandlow konnte ihm nicht einmal das letzte Geleit geben, weil er am Tag der Beisetzung von einer Treppe stürzte und sich Rippen brach. Das war, wie er selbst feststellte, eine der sehr vielen Krankheiten, die er durchmachen musste.
In freien Stunden beschäftigte sich Heinrich Bandlow mit heimatgeschichtlichen Studien. Es waren Tagesereignisse, Gedichte, Märchen, Erzählungen und Romane, vielfach plattdeutsch verfasst, die ihn über seine Heimat hinaus bekannt machten. Eine unvollständige Aufstellung seiner Werke, die in Zeitungen (selbst in den USA) sowie in Form von Heften und Büchern (Reclam-Verlag) abgedruckt wurden, soll die Anlage zu diesem Artikel widerspiegeln.
1883 wurden im Torfmoor von Tribsees zahlreiche prähistorische Artefakte bis hin zu menschlichen Gebeinen, Waffen und Instrumenten gefunden. Bandlow verfolgte dies aufmerksam.
Als für die Arbeiter der Schädel eines auffallend kleinen Schweines zum Vorschein kam, „akquirierte“ er diesen umgehend und stellte ihn der Sammlung der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin zur Verfügung. Schon zuvor wurde im Moor der wohlerhaltene Schädel eines sehr alten, zierlich gebauten Hengstes entdeckt. Auch diesen Fund hatte Bandlow an Ort und Stelle von den Arbeitern erworben und der genannten Gesellschaft zur Verfügung gestellt.
1890 wollte Bandlow trotz geringer eigener Mittel für Lehrer, deren Angehörige und Freunde von Lehrern eine äußerst billige größere Seerundreisen nach dem Norden ausrichten. Der Dampfer „M. G. Melchior“ sollte für einen 14-tägigen Ausflug ab 14. Juli von Stettin aus gemietet werden. Bei rund 300 Teilnehmern sollten die Reisekosten „in erster Kajüte“ einschließlich Logis bei ca. 42 Mark und „in der zweiten Kajüte“ bei etwa 33 Mark liegen und den Teilnehmern eine Selbstbeköstigung freigestellt werden. Reisestationen mit unterschiedlicher Aufenthaltsdauer sollten zum Beispiel Swinemünde, Stubbenkammer, Kopenhagen, Göteborg, Bergen und Trondheim sein, um nur einige zu nennen. Doch die Gesellschaftsreise kam nicht zustande.
Anders war das im Folgejahr. Eine dänische Reederei stellte die Dampfer „Axelhuus“ und „Christianssund“ abwechselnd für zwei je 18-tägige Reisen mit Abfahrten im Juli und August ab Stettin zur Verfügung. Nördlichstes Ziel in Norwegen war Trondheim. Die tägliche Verpflegung an Bord kostete 2 Kronen (2,25 Mark). Bei einem Aufenthalt auf dem Schiff von etwa 10 Tagen waren für die Verpflegung (ohne Getränke) mithin 22,50 Mark und für etwa 8 Tage Landaufenthalt pro Tag ca. 6 Mark, also zusammen hier 48 Mark auszugeben. Der Fahrpreis „incl. Nachtlogis“ betrug „tour und retour“ 50 Mark. Es konnten auf dem Schiff auch eigene Lebensmittel eingenommen werden.
Für Juli 1892 verfügte Bandlow gar über drei Dampfer und vier Fahrten. Für die Reisen ließ er Prospekte drucken und überregional in kurzen Zeitungsartikeln werben.
1891 und 1892 trug Lehrer Bandlow auch zu den Ergebnissen von Gewitter- Beobachtungen des Königlich Preußischen Meteorologischen Instituts bei. Entsprechende Beobachtungen meldete er der Wetterstation der am Barther Bodden gelegenen Kleinstadt Barth.
Als 1895 in Deutschland Spenden für die neue Universität in Reykjavik gesammelt wurden, beteiligte sich Bandlow mit 2 Mark.
Mit Datum 2.9.1896 ist der Name von Heinrich Bandlow im Patentblatt 1896 des Kaiserlichen Patentamtes in Berlin zu entdecken. Als Gebrauchsmuster hatte er einen „Schlüsselhalter mit Lichtträger und Zündholzbehälter“ angemeldet.
An dieser Stelle sei noch bemerkt, dass Bandlow Briefmarken sammelte, gerne rauchte und eine national-liberale Einstellung hatte. Er hatte auch Kontakt zu Wilhelm Busch, dem er sein Buch „Hiringslak“ widmete. Dieser schickte ihm als Antwort Weihnachten 1904 sein Bild, das Bandlow auf seinem Schreibtisch aufstellte.
Von 1877 bis 1908 war Bandlow in Tribsees als Lehrer tätig. „Einige Anlagen zum Zeichnen“ führten dazu, dass er zwischenzeitlich auf Veranlassung der Regierung zu Stralsund die Königliche Kunstschule in der Berliner Klosterstraße und am Schinkel-Platz besuchte. Am 8.1.1908 hielt er auf Einladung des Gemeinnützigen Vereins zu Greifswald eine öffentliche Vorlesung aus seinen Schriften. Zum 1.4. desselben Jahres erfolgte eine Berufung als Zeichenlehrer in diese Stadt.
In den Folgejahren war Bandlow auch in anderen Städten zu Vorlesungen. Während des ersten Weltkrieges stellte sich erneut eine schwere Erkrankung ein, die ihn dazu zwang, 1916 in den Ruhestand zu treten. Trotzdem beteiligte er sich 1917 auf dem Polizei- Präsidium in Warschau an der Hilfsdienstpflicht. „Man glaubt, die Polen zur Heeresfolge für uns begeistern zu können, aber die jungen Polen, die zur Dienstpflicht ausgehoben werden sollten, waren kühl bis ans Herz hinan und meldeten sich nicht“. So Bandlow in seinen Erinnerungen von 1925.
Am 1.6.1924 richtete der Verein der Greifswalder in Berlin im Saalbau „Friedrichshain“ ein Plattdeutsches Sommerfest aus. Hierzu war auch Heinrich Bandlow angereist, um aus seinen heiteren Dichtungen vorzutragen. Ein Militärkonzert im Garten, eine Ausstellung plattdeutscher Literatur, eine Tombola und ein Gartenkino („Onkel Bräsig“) gehörten mit zur Veranstaltung.
„Heinrich Bandlow – Zu des Dichters siebenzigstem Geburtstag“. Unter dieser Überschrift widmete Geheimrat D. Dr. Karl Albrecht am 15.4.1925 in den „Nachrichten für Stadt und Land“ (eine Oldenburger Zeitschrift) dem niederdeutschen Dichter einen umfangreichen Artikel über das Leben und die Werke des Jubilars.
„Wenn wir beide (Bandlow meinte damit seine Ehefrau Elise) noch das Jahr 1929 erleben, so können wir dann die goldene Hochzeit feiern …“ So schrieb Heinrich Bandlow noch „Aus meinem Leben“ im Jahre 1925, ohne zu ahnen, dass seine von ihm geliebte Frau im Folgejahr verstarb.
Übrigens stellte Bandlow 1925 auch fest, dass er immer genügsam gewesen war und sich ohne Murren mit dem beschied, was das Leben ihm zugewiesen hatte. Doch er sagte in diesem Zusammenhang auch, dass es eine falsche Politik der Regierung war, die Lehrer in ihrem Einkommen zu kurz zu halten und sie damit unzufrieden zu machen.
Am 13.3.1926 wurde im Rundfunk (von ihm selbst gesprochen?) zur Unterhaltung Bandlows „Krischan up den Johrmarkt“ gesendet.
Heinrich Bandlow verstarb im Alter von 78 Jahren am 25.8.1933 in Greifswald. Sein Geburtshaus in Tribsees ist erhalten.
Gerhard Völzmann
1 Kgl. ev. Stadt- und Landschullehrer-Seminar, gegründet 2.7.1791 zu Greifswald, 1853 nach Franzburg verlegt.