Ein kleines Kapitel aus der Geschichte des Vorwerks und des Schlösschens Tegel
Während die Tegeler Mühle bereits 1375 im Landbuch Kaiser Karls IV. erwähnt wurde, geht die Geschichte des Schlösschens auf die Zeit um 1558 zurück. Kurfürst Joachim II. hatte das bis zum Tegeler Fließ reichende Gut Heiligensee erworben. Auf einem hierzu gehörigen und bereits vorhandenen Vorwerk entstand das Tegeler Gut mit einem kleinen Gebäude, dem „Schlösschen“. Der Kurfürstliche Sekretär Hans Bredtschneider, der zuvor das Rosenthaler Gut betrieb, übernahm das neue kleine, wenig nutzbare Anwesen, um u.a. Wein anzubauen.
Wir blicken nun in das Jahr 1731. Das Vorwerk und das Schlösschen Tegel gehörten zum Amt Schönhausen. Grund und Boden des an der Poststraße nach Hamburg gelegenen Anwesens wurden – ohne das beim Neuen Krug, dem heutigen „Wirtshaus im Alten Fritz“ gelegene Gartenland – auf 184 Morgen 95 Quadratruten geschätzt. Auf der Nordseite reichte es von den Sandhügeln der Heiligenseer Heide, auf der Ost- und Südseite bis zum Mühlenfliess und auf der Westseite bis zum „See Malchow“, also bis zur Malche. Bis 1738 hatte es der Forstrat Thielo bewirtschaftet und hierfür als jährliche Pacht 137 Taler 22 Groschen und 11 Pfennige bezahlt. In der Folgezeit von 1738 – 1744 blieb der Pachtbetrag mit 138 Taler 22 Groschen und 3 Pfennigen nahezu unverändert. Im letztgenannten Jahr erbat Thielo eine Pachtverlängerung für erneute 6 Jahre. Doch nun wurde ein neuer Nutzungsanschlag erstellt, den wir uns nachfolgend näher ansehen wollen:
1. Ackerland
Der Acker für den Anbau von Roggen hatte eine Fläche von 115 Morgen 103 Quadratruten. Hiervon musste aber jährlich wechseln stets eine Hälfte brach liegen bleiben. Auf der anderen Hälfte wurden je Morgen 10 Metzen benötigt, so dass 1 Wispel 12 Scheffel 1 ¾ Metzen Saatgut erforderlich waren. Der Ertrag brachte eine 3 ½ fache Vervielfältigung. Mithin konnten 5 Wispel 6 Scheffel 6 1/8 Metzen geerntet werden. Davon wurde die bereits zuvor genannte Menge an Roggen wieder als Saatgut für das Folgejahr zurückgelegt, während 1 Wispel 21 Scheffel 2 1/8 Metzen zur „Wirtschaft“ genommen und 1 Wispel 21 Scheffel sowie 2 ¼ Metzen zur Pacht gerechnet wurden. Bei einem Wert von 16 Groschen je Scheffel ergab dies einen Pachtbetrag von 30 Taler 2 Groschen 3 Pfennig.
2. Wiesen
Zwei Wiesen waren vorhanden. Die größere „bey Tegel“ war von mittelmäßiger Güte und konnte zweimal gemäht werden, während die kleinere „bey Spandau“ mit ihren geschätzten 9 Morgen 39 Quadratruten ständig unter Wasser stand und nur einmal gemäht wurde. Ein Morgen Wiese wurde teils mit 18, teils mit 12 Groschen gerechnet. Zwar war noch beim Neuen Krug ein 3 Morgen 111 Quadratruten großes Luch vorhanden, doch dort musste erst ein 4 Fuß breiter Entwässerungsgraben angelegt, um es als Wiesenland nutzen zu können.
Die beiden erstgenannten Wiesen waren bei der Pacht zu rechnen mit 20 Taler 2 Groschen 4 Pfennig.
3. Viehzucht
10 Kühe zu 30 Taler, 6 Stück „Güstesvieh“ (Vieh, das noch gar nicht oder seit einiger Zeit nicht getragen hatte) zu 4 Taler, Federvieh und Schweine zu 4 Taler ergaben für alles Vieh zusammen eine Pacht von 38 Taler.
4. Gartenland
Es hatte eine Größe von 2 Morgen 92 Quadratruten, wobei jeder Morgen zu 2 Taler veranschlagt wurde. Beim Krug war zudem ein kleiner Garten (29 Quadratruten) angelegt. Es wäre auch noch „ein gewisser Platz“ von 1 Morgen 134 Quadratruten in Gartenland umwandelbar. Für die Pacht waren zu berücksichtigen 5 Taler 6 Pfennig.
5. Weinberg
Dieser hat eine Größe von 7 Morgen 11 Quadratruten und rechnet je Morgen mit 1 Taler 8 Groschen. Für die Pacht des ganzen Weinberges fielen mithin an Pacht an 9 Taler 9 Groschen 11 Pfennig.
6. Fischerei
Die „Fischerey im See Malchow mit der Warte, der Zuhr und dem kleinen Garn“ (Fischerei-Gerätschaften) rechnete bei der Pacht mit 6 Taler.
7. Neuer Krug
Der „am berlinischen Wege“ befindliche Krug verkaufte jährlich 50 Tonnen Ruppiner Bier. Für jede Tonne fielen 8 Groschen „Zapfenzins“ an, zusammen 16 Taler 16 Groschen.
8. Miete für das Schlösschen
Die Miete für das Haus betrug 15 Taler. Die gesamte Pacht für das Gut erreichte damit eine Summe von 140 Taler 7 Groschen.*) Für diesen Betrag behielt Thielo das Vorwerk weiterhin bis zum Jahre 1750. Nun wurde allerdings eine wesentliche Veränderung beschlossen. Die Pacht erhöhte sich auf 258 Taler 14 Groschen 11 Pfennig. Der Betrag setzte sich wie folgt zusammen:
Höhe des Pachtgeldes – hier wurde auf die Kretschmare Ackerart (d.h. tiefer pflügen, dünner aussähen) 8 Taler 8 Groschen 1 Pfennig gerechnet. | 168 Taler | 14 Groschen | 11 Pfennig |
Besondere Verpachtung des Neuen Kruges | 50 Taler | – | – |
Beide Valentinswerder (damals noch 2 Inseln) sollten an einen Kolonisten vergeben werden. Dieser sollte geben: | 24 Taler | – | – |
Aus einem noch 1750 neu gebauten Familienhaus hoffte man „zu ziehen“: | 16 Taler | – | – |
258 Taler | 14 Groschen | 11 Pfennig |
Einer, der an einer Pacht Interesse hatte, war der einstige Kammerdiener des Prinzen Ferdinand und spätere Hofrat Christian Ludewig Möring. Auf unmittelbaren königlichen Befehl v. 3.6.1750 wurden diesem das Vorwerk, das Schlösschen und die Fischerei „im See Malchow“ zum oben genannten Pachtbetrag von 168 Taler 14 Groschen 11 Pfennig für 6 Jahre überlassen. Doch schon im Folgejahr weigerte sich Möring, die erhöhte Pacht zu zahlen, zumal ihm der Neue Krug und die anderen „Stücke“ nicht mit eingeräumt wurden. Er schrieb am 22.12.1751 direkt an den König und schlug vor, auf seine Kosten eine Maulbeer-Plantage mit 100.000 Bäumen anzulegen. Dafür sollten ihm gegen „einen jährlichen Canon von 147 Taler“ das kleine Vorwerk, ein geringes Deputat an Brennholz und der Neuen Krug „erb- und eigentümlich verschrieben“ werden. Er versprach auch eine Verbesserung der Gebäude auf dem Vorwerk im Wert von über 600 Taler und einen Ausbau des Kruges, wenn ihm das nötige Bauholz gegeben würde.
Der König ging auf dieses Gesuch ein und befahl am 23.1.1752, Möring das Vorwerk in Erbpacht zu geben. Schon am 10.2.1752 wurde der Erbpacht-Vertrag unterschrieben. Der Inhalt des Vertrages und die weitere Entwicklung des Vorwerks und des Schlösschen wären bereits weitere Kapitel aus der Historie des Anwesens.
Gerhard Völzmann
*) Zu dieser Zeit hatte 1 Taler 24 Groschen und 1 Groschen 12 Pfennige.