Im Jahre 1859 ließ der Fischermeister Ziekow (vgl. Alt-Tegel 31) ein Wohnhaus  – bestehend aus ausgemauertem Fachwerk mit Ziegeldach – erbauen, ferner ein Fachwerk-Stallgebäude, ebenfalls mit Ziegeldach, hinter dem Wohnhaus. Die Ausführung erfolgte durch G. Schulze aus Französisch-Buchholz.
1869 gehörte das Anwesen dem Restaurateur Carl Bläschke. Er ließ in jenem Jahr  das Fachwerkwohnhaus auf der rechten Seite erweitern, um einen Restaurationsraum unterzubringen.
1898 erfolgte durch den nachfolgenden Eigentümer August Müller der Anschluss der Gebäude an die Kanalisation. Gemäß dem Adressbuch von 1913 war Eigentümer der Kaufmann Czekalski, der im Nachbarhaus wohnte, aber im Haus Nr. 19 seine „Lehranstalt für Kaufmanns- und Handelswissen“ betrieb.
In den 1930er-Jahren erwarb Karl Wende das Grundstück. Er ließ 1939 hinter dem alten Wohnhaus einen zweigeschossigen Neubau für sein medizinisches „Kurbad Tegel“ errichten.
Ende Juni 1993 brach man alle diese Bauten ab.
1994 wurde das fünfgeschossige Wohn- und Geschäftshaus mit ausgebautem Dachgeschoss nach einem Entwurf von Bernd Friedrich (Konradshöhe) erbaut. Es enthält 15 Wohnungen.
In den Ladenwäumen des Erdgeschosses zogen ein: links das Bistro „Pappilon“, in der Mitte „Aktuelle Mode“ rechts „Baufina“, ein Immobilienanbieter.


Die Tegeler Handelsschule

Wohl wenig bekannt ist die Tatsache, dass es in Tegel über einen Zeitraum von rund 35 Jahren eine private Handelsschule gab. Sie wurde im Jahre 1896 gegründet und stand unter der Leitung von Ceslaus Czekalski. Ob sich die Handelsschule bereits im Gründungsjahr in Tegel befand, ist nicht überliefert. Das Adressbuch 1898 weist aus, dass C. Czekalski (Berufsangabe: Kaufmann) in der Hauptstraße 11 (wohl mit kleiner Schule) gemeldet war. In den beiden folgenden Jahren wird Czekalski allerdings nicht angegeben. Erstmals 1901 wurde unter der Anschrift Berliner Straße 5 der Name Czekalski (Berufsangabe: Schreiber!) wieder genannt. Es ist anzunehmen, dass sich hier auch die Handelsschule befand. Das Gebäude gehörte dem Gutsbesitzer Paul Ziekow aus der Hauptstraße 18, der 1899 an gleicher Stelle sein kleines eingeschossiges Haus abreißen und durch einen mehrgeschossigen Neubau ersetzen ließ. In den Adressbüchern der Jahre 1902 bis 1904 wurde Czekalski als Kaufmann eingetragen, während im Branchenteil seine Handelsschule bis 1903 noch nicht genannt wurde. 1904 war dann erstmals unter „Lehrinstitute (Private)“ Czekalskis Schule unter den Stichworten Handels- und Kaufmännische Wissenschaften, Berliner Str. 5, aufgeführt.

1905 zog die Tegeler Handelsschule in die Schloßstraße 26 um und verbesserte damit sicher ihre räumliche Situation. Die Schule befand sich im 1. Obergeschoss des Hauses. Werbend wurden Buchführung, Korrespondenz, Rechnen, Stenographie, Schreibmaschine, Schreiben etc. genannt. Das Haus gehörte übrigens Frau A. Thießen. Auch hier stand 1900 noch ein kleines Haus, welches durch einen großen Neubau ersetzt wurde. 1907 warb der Leiter der Schule, Herr Czekalski, ausführlich für sein Lehrinstitut. Danach wurde gründlichste und gewissenhafteste Ausbildung von Damen und Herren in allen Handelswissenschaften durch praktisch erfahrene bzw. staatlich geprüfte Lehrer versprochen. Sechs und zwölfmonatige Vormittags- und Abend-Kurse begannen am 01.04. und 01.10. eines jeden Jahres.

Unterrichtsgegenstände waren
• einfache, doppelte, italienische, amerikanische Buchführung,
• Handels-Korrespondenz in Deutsch, Französisch und Englisch,
• allgemeine Handelslehre und Wechsel-Ordnung,
• Handelsrecht und Kaufmännische Prozesskunde, dieser Unterricht durch einen Rechtsanwalt erteilt,
• Kaufmännische, Schön- und Schnellschrift sowie Rundschrift,
• Stenographie nach Neu-Stolze und Stolze-Schrey, Debattenschrift nach Dr. Simmerlein oder Daniel
• Maschinenschreiben

Natürlich wurden auch Deutsch, Grammatik, Orthographie und Interpunktion gelehrt. Jedes Fach konnte einzeln belegt werden. Das Honorar für den Halbjahreskurs lag bei 25 Mark/Monat, während für den Jahreskurs nur 15 Mark/Monat zu bezahlen waren. Den Absolventen der Handelsschule wurde eine kostenfreie Stellenvermittlung angeboten. In den großen, elegant eingerichteten Klassenzimmern unterrichteten 5 Lehrkräfte. Acht neue Schreibmaschinen standen zur Verfügung. Die Anfertigung von Abschriften und Vervielfältigung auf der Schreibmaschine, die stundenweise Stellung von Stenographen und Maschinenschreibern nebst Maschinen wie auch die Verleihung von Schreibmaschinen waren zusätzliche Angebote der Anstalt.

Der Schulleiter war werktags von 17.30 bis 18.30 Uhr zu sprechen, sonntagszudem von 12.00 bis 14.00 Uhr. Verwunderlich war nur, dass die Tegeler Handelsschule selbst im Jahre 1907 noch keinen Telefon-Anschluss besaß. Übrigens wurde Czekalskis Beruf in dem Adressbuch 1907 mit Buchhalter angegeben.

1908 zog die Tegeler Handelsschule in die Hauptstraße 31 um. Czekalski hatte das Anwesen von dem Gutsbesitzer bzw. Rentier August Müller (Hauptstraße 15) erworben. Das Gebäude, ein Wohnhaus mit ausgemauertem Fachwerk und Ziegeldach, hatte der Fischermeister Ziekow 1859 erbauen lassen. 1875 von dem Restaurateur Bläschke um ein Geschoss aufgestockt, geriet das Haus 4 Jahre später in Brand, wurde aber wieder hergestellt.

1912 wurde der Beruf von Czekalski mit „Prokurist“ angegeben. Er hatte zwischenzeitlich auch von Prof. Th. Braune das Nebenhaus Hauptstraße 32 erworben.  1920 war die Handelsschule bereits in die Hände eines W. Voigt übergegangen. Im Adressbuch dieses Jahres wird er als Direktor aufgeführt, fünf Jahre später lautete sein Beruf „Diplom-Kaufmann“. Czekalski besaß aber weiter die Häuser Hauptstraße 31 und 32, war nun aber Fabrikdirektor.

Die Handelsschule schloss vor 1930 ihre Türen für immer. Ein Grund könnte eine mangelnde Nachfrage an Schülern durch die Weltwirtschaftskrise gewesen sein. Abschließend sei erwähnt, dass Ceslaus Czekalski 1943 als Fabrikdirektor außer Dienst im Eisenhammerweg 127 wohnte. Welche Fabrik er einst besaß, ließ sich nicht ermitteln.

In der Hauptstraße 31 (ab 1937 durch Umbenennung der Straße und neue Nummerierung: Alt-Tegel 19) befand sich später das Kurbad Tegel, das inzwischen nach Alt-Tegel 23 umgezogen ist.

K. Schlickeiser