Gorkistraße Haus-Nr. 11-21, ehemals Grundstück Nr. 11

Hier stand ein kleines zweigeschossiges Wohnhaus von 10,50 mal 19,50 m Grundfläche. Dahinter befand sich ein Stallgebäude an der rechten Grenze. Bauherrin war 1875 Emilie Delke geborene Runge. Die Ausführung hatte der Baumeister F. Delke. Eine alte Fotografie zeigt zwischen den Mittelfenstern des Obergeschosses die Inschrift „Villa Helene“.

1899 ließ Delke das Haus an die Kanalisation anschließen und einen Klosettanbau errichten.

1901 gehörte das Grundstück dem in Berlin wohnenden Kaufmann Ehrenfried Bremer, der ein Wasserklosett im Treppenhaus einbauen ließ. Zum geplanten Bau eines großen Mietwohnhauses mit Seitenflügel links kam er nicht. 1935 wurde der Vorgarten beseitigt.

Das Haus stand bis Ende der 1960er Jahre. Heute steht hier der Nordteil des „Tegel-Centers“, der einen Gebäudeteil mit der Wochenmarkt-Halle längs der Gorkistraße, ein 42 m hohes achtgeschossiges Hochhaus an der Buddestraße, und ein Parkhaus an der Bernstorffstraße umfasst.

Zu dem gesamten, von dem Architekten Wolfgang Pingel entworfenen Gebäudekomplex, gehört außerdem der mittels einer Brücke über die Gorkistraße angeschlossene Südteil zwischen Gorkistraße Haus-Nr. 12-20 und Grußdorfstraße Haus-Nr. 5-6.

Die für den Bau und Betrieb gegründete „Tegel-Center KG“ hatte zehn Grundstücke für die Bebauung erworben, nahezu 15.000 m². Vorgesehen war die Schaffung von rund 24.000 m² Ladenfläche mit Nebenräumen zuzüglich 2.000 m² Fläche für den Wochenmarkt. Die veranschlagten Baukosten betrugen rund 82 Millionen DM. Die Grundsteinlegung erfolgte am 12. Dezember 1969. Das Richtfest des Parkhauses wurde im November 1971 gefeiert. Die Brücke über die damals noch viel befahrene Gorkistraße wurde am 25.-29. November 1971 aus vorgefertigten Teilen montiert.

Die Wochenmarkt-Halle wurde am 23. März 1972 in Betrieb genommen. Am 5. Mai 1972 hielt man das Gesamt-Richtfest ab. Am 25. Oktober 1972 wurde das Tegel-Center mit Ansprachen des Bezirksbürgermeisters Grigers, des Bausenators Schwedler und des Chefs der Tegel-Center KG, Dr. Rüger, eröffnet.

Es gab rund 100 Einzelhandelsgeschäfte, mehrere Restaurants nebst Diskothek-Bar und Brückencafé. Im „Kurbad Tegel-Center“ im Südteil (geschlossen 1989) konnte man in einem Meerwasser-Thermalschwimmbad mit 32 Grad warmem Atlantikwasser schwimmen oder in die Sauna gehen. Zudem gab es im Nordteil (bis 1986) eine Bowling- und Kegelbahn und eine Judo-Schule. Wichtigste Mieter im Nordteil waren ein „Bauhaus“-Baumarkt und im Obergeschoss das Geschäft von „Möbel-Anderle“.

Zwischen der Wochenmarkt-Halle mit ihren 50 Marktständen und der Altbebauung der Bernstorffstraße wurde ein Berliner „Straßenmöbel-Museum“ durch den Berliner Kunstgaleriebetreiber Jule Hammer in Zusammenarbeit mit der „Tegel-Center KG“ eingerichtet. Hier wurden mehrere alte gusseiserne Gaslaternen verschiedener Typen, ein eisernes Toilettenhäuschen, das Geländer der Badstraßen-Brücke, Straßenpumpen, ein Feuermelder, ein Straßenbahnhaltestellenmast, steinerne Brückenfiguren, Friedhofsskulpturen und Reste von Hausfassadendekorationen aufgestellt.

Selbst die Statue von Albrecht dem Bären, aus der einstigen Siegesallee, stand hier anfangs. Bereits 1986 war das Freilichtmuseum zu einem ungepflegten Sammelsurium herunter gekommen, es bestand noch 2011. Am Straßenmöbelmuseum brachte man an einem Brandgiebel ein 70 m² großes Wandmosaik des Künstlers Sigurd Kuschnerus an. Es zeigt in Form von Karte und Bild die Reinickendorfer Sehenswürdigkeiten.

Bis 1986 befanden sich vor der Wochenmarkt-Halle, unmittelbar an der Gorkistraße, die Läden von „Porzellan-Sydow“ und „Radio-Neumann“. Nach Entfernung dieser Ladenräume erhielt die Wochenmarkt-Halle 1987 eine gläserne Front zur Straße und wurde modernisiert.

1986 stockte man den Gebäudeteil, in dem sich unten die Wochenmarkt-Halle befindet, mit einem dritten Obergeschoss auf. Ursprünglich bestanden hier zwei Obergeschosse und darüber ein Parkdeck. Dadurch konnte die Verkaufsfläche, des seit 1973 hier ansässigen Unternehmens „Möbel-Anderle“, von 3.800 m² um weitere 3.200 m² erweitert werden, so dass die übrigen Berliner Möbelverkaufsfilialen bis 1994 aufgegeben werden konnten.

Nachdem der „Bauhaus“-Baumarkt aus dem Gebäudeteil an der Ecke Buddestraße ausgezogen war, baute man diesen Teil 2006 um. Es wurden 80 kleinere Geschäftsläden eingebaut, darunter das „Café Bianco & Nero“ unmittelbar an der Straßenecke, zudem die 400 m² große Apotheke von Dr. Kayser sowie im Obergeschoss die Verkaufsfläche von „Der Heimwerker“.

Die ehemaligen Grundstücke Nr. 13 und 15 waren unbebaut geblieben und wurden nach 1920 in das benachbarte Wochenmarktgrundstück Nr. 17 einbezogen. Zuletzt stand hier eine nach dem Zweiten Weltkrieg errichtete flache Ladenzeile mit Geschäften wie „Porzellan-Sydow“, „Fränkels Imbißstube“, „Radellis Lichthaus“ und „Moni-Kleidung“ (1955/56). Diese Zeile wurde 1971 abgerissen.

Auf dem ehemaligen Grundstück Nr. 17, welches bis zur Bernstorffstraße reichte, stand ehemals das im Jahre 1889 errichtete eingeschossige Wohnhaus des Rentiers August Müller. Dieses Haus, sowie ein an der rechten Grenze gelegenes Stallgebäude, führte der Hermsdorfer Maurermeister Gustav Gutschow aus. Bereits 1883 hatte Müller auf dem hinteren Teil seines Grundstücks, nahe der heutigen Bernstorffstraße, eine Fachwerkscheune errichten lassen. 1899 ließ er das Haus an die Kanalisation anschließen.

1912 war Julius Walther aus Berlin Eigentümer des Grundstücks. Das Wohnhaus ließ er abreißen, das Stallgebäude in ein Toilettengebäude umbauen. Denn er betrieb seit dem ersten September 1912 auf dem Gelände seinen Wochenmarkt, nachdem er seit dem ersten April 1908 auf einem anderen Tegeler Grundstück tätig gewesen war. Er ließ das Grundstück an der Gorkistraße und an der Bernstorffstraße mit einem Bretterzaun versehen, und ein Schild mit der Aufschrift „Verkaufsplatz“ aufstellen.

Die Tegeler Verwaltung verlangte die Ersetzung des Bretterzauns durch einen Drahtzaun, wogegen sich Walther gerichtlich erfolglos zur Wehr gesetzt hatte. Walther arbeitete zusammen mit Oswald Prenzel und eröffnete mit dem Tegeler Wochenmarkt den ersten privaten Wochenmarkt der nördlichen Berliner Vororte. Damals wurden die Märkte noch von öffentlichen Stellen betrieben, weil man die Markthygiene unter Kontrolle haben wollte.

Seit 1867 gab es in Berlin mehrere städtische Markthallen.

1907 eröffnete Oswald Prenzel in Moabit den ersten Privatmarkt Berlins. In der Gorkistraße stand, nach Abriss des Wohnhauses und der Scheune, eine große Fläche für die Marktverkaufsstände zur Verfügung. Das Stallgebäude wurde zu einem Toilettengebäude für die Marktstandbetreiber und Marktbesucher umgebaut.

In den 1920er-Jahren wurde der Wochenmarkt stärker frequentiert. Der Boden des Platzes wurde mit Betonplatten belegt, um Staubentwicklung zu verhindern. Seit etwa 1928 kamen auch Händler aus dem Havelland zum Verkaufen.

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Markt stillgelegt und 1945 brachen die Tegeler Einwohner die 180 hölzernen Marktstände zum Verheizen ab. Bald darauf konnten die Stände jedoch wieder aufgebaut werden.

Zum 50. Jahrestag 1958 wurde über den etwa 100 Marktständen ein von einer Stahlkonstruktion getragenes Eternitdach errichtet, so dass auch bei schlechtem Wetter trocken eingekauft werden konnte.

An der Stirnseite der Halle zur Gorkistraße wurden Ladengeschäfte eingerichtete, so „Mona-Moden“, „Radellis Lichthaus“ und „Fränkels Imbißstube“.

Nach dem Tod von Oswald Prenzel im Jahr 1971 führte sein Sohn Walter die Markthalle fort und erreichte, da er ein Erbbaurecht an dem Grundstück bis 2019 besaß, dass sein Privatmarkt in das entstehende „Tegel-Center“ einbezogen wurde. Die alte Halle wurde durch die Markthalle im Erdgeschoss des neuen Tegel-Centers ersetzt.

1989 erweiterte man die Markthalle und öffnete ihn in Richtung zur Fußgängerzone Gorkistraße.

1994 verstarb Walter Prenzel, jedoch besteht der Firmenname mit seinem Vornamen „Walter“ weiter. Betreiber der Markthalle ist seitdem Hubertus Prenzel mit seiner Familie.

Auf den unbebaut gebliebenen Grundstücken Nr. 19 und 21 wurden um 1950 mehrere Ladenflachbauten errichtet, darunter das Gardinen- und Polstermöbelgeschäft Hipke.