Am 7.5.1836 verkauften die Bauern E. Ziekow, D. und F. Müller, Marzahn, Buschmann sowie Schulze Ziekow zusammen mehr als elf Magdeburger Morgen Land an den Industriellen Franz Anton Egells. Keine zwei Monate später – am 1.7.1836 – ließ Egells auf dem Grundstück südöstlich des Tegeler Sees den Grundstein für eine Maschinenbauanstalt legen. Welch Mut und Weitblick zeigte Egells mit der Errichtung der Fabrik in einem Dorf, das erst 1881 eine Pferdestraßenbahn und 1893 eine Eisenbahnverbindung nach Berlin erhalten sollte. Einzig die günstige Lage des Wasserweges beeinflusste seine Entscheidung. Egells starb am 30.7.1854.

Die späteren Eigentümer Hermann und Carl Egells verkauften 1871 die Firma zum Preis von 2,4 Mio. Talern an die neu gegründete Märkisch-Schlesische Maschinenbau- und Hütten-Actiengesellschaft, vormals F. A. Egells. Die Gesellschaft wurde am 14.9.1871 eigens für die Übernahme mit einem Kapital von 2,3 Mio. Talern (11.500 Aktien zu je 200 Talern) gegründet. Die »Märkisch-Schlesische« ging nachfolgend in die Schiff s- und Maschinenbau- Aktiengesellschaft »Germania« auf.

Doch ob Egells´sche Maschinenfabrik, Märkisch-Schlesische Maschinenbau- und Hütten AG oder Schiff s- und Maschinenbau-AG »Germania«: Der Volksmund nannte den Betrieb stets nur Eisenhammer. Während die Germaniawerft in Kiel Schiffsrümpfe herstellte, fertigten im Tegeler Werk 800 bis 1000 Arbeiter von der Schiffsmaschine über den Anker bis zur Schraube alles, was in den Rumpf hinein gehörte. Bereits 1839 ließ Egells die Produkte des Eisenhammers durch ein Fabrikzeichen schützen.

Ein Direktor und ein Betriebsleiter standen an der Spitze des Betriebes, Meister leiteten die Abteilungen. Obermeister, wie in anderen Firmen üblich, gab es nicht. Der Arbeitstag war lang. Es wurde zehn Stunden gearbeitet. Arbeitsbeginn war um 6 Uhr. Da hieß es früh aufstehen, zumal die Hälfte der Beschäftigten nicht in Tegel wohnte und einen langen Weg zur Arbeitsstätte zurücklegen musste. Frühstückspause war von 8.00 bis 8.30 Uhr. Während der Mittagspause von 12.00 bis 13.30 Uhr fanden sich manche Arbeiter am Seeufer ein, um mitgebrachte Brote zu verzehren. Wer es sich leisten konnte, ging in die Werkkantine oder in die nahe gelegene Rentner´sche Gastwirtschaft, um vielleicht in letzterer gar Kegel zu schieben. Das gute Betriebsklima spiegelte sich im jährlichen Betriebsfest wider, das die Firma ausrichtete. Vom Direktor bis zum Lehrling ließ sich keiner diese Feste entgehen.

Doch wo lagen eigentlich die einzelnen Betriebsstätten des Eisenhammers? Zwischen Tegeler See und Spandauer Straße (Eisenhammerweg) befanden sich die Hallen der Metall- und Eisengießerei sowie die Kesselschmiede. Wurde nachts Metall gegossen, färbten sich Baumwipfel und Himmel rot. Da konnte es schon einmal vorkommen, dass die Feuerwehr anrückte in dem Glauben, dass das Werk brennen würde.

Spandauer Straße, Ecke Egellsstraße lag die Kantine, zwischen Egellsstraße und Kruppallee (Biedenkopfer Straße) Klein- und Großdreherei, Kesselhaus, Maschinenbauabteilung, Modelltischlerei, Kupfer- und Hammerschmiede sowie das Verwaltungsgebäude. Auch eine südlich der Kruppallee gelegene Gärtnerei gehörte zum Firmenkomplex. Am Ufer ruhte auf vier Ziegelsteinsäulen ein Kran, der die Schiff steile für den Transport auf dem Wasserweg verlud. Seine Nutzung ersetzte den nächtlichen Transport der bis zu 400 Zentner schweren Teile auf dem Landweg zum Hamburger Bahnhof. Dieser Weg war besonders im Winter beschwerlich. So stürzte in einer Winternacht in der Scharnweberstraße ein Kessel von einem von 24 Pferden gezogenen Transportwagen so unglücklich in den Chausseegraben, dass Arbeiter drei Tage benötigten, ihn wieder zu bergen. Neben Schiffsteilen wurden Bergwerksmaschinen hergestellt, eine Balanciermaschine für das Berliner Wasserwerk in Tegel aufgestellt, gar ein Turbinen-Versuchsboot konstruiert und erprobt.

Am 1.3.1886 gründeten fünf Ingenieure den Ruderclub Germania. Seit Dezember 1892 trugen die drei Nachtwächter im Dienst Revolver. 1897 stiftete der Eisenhammer 1000 Mark für die Errichtung eines Kaiser-Wilhelm-Denkmals.

Mit der 1902 erfolgten Übernahme der Germania-AG nach Kiel und der Übernahme des Firmengeländes durch die Firma Borsig endet die Chronik des Eisenhammers. Allerdings halten noch heute der Eisenhammerweg und die Egellsstraße mit ihren Namen die Erinnerung daran wach, dass hier einmal der Einzug der Industrie nach Tegel begann.

Gerhard Völzmann