„Dem im Belauf Tegel des Forstreviers Tegel, am Tegelschen See neu errichteten Förster-Etablissement ist die Benennung Försterei Tegel beigelegt worden, was wir mit dem Bemerken zur öff entlichen Kenntniß bringen, daß dadurch in den Communal- und polizeilichen Verhältnissen des Etablissements nichts geändert wird“.
Nachzulesen ist diese am 30.03.1848 von der Königlichen Regierung zu Potsdam vorgenommene Veröff entlichung im Amtsblatt vom 07.04.1848. Der erste Bewohner des kleinen Fachwerkbaus mit Ziegeldach hieß Scholz. Er hatte hier zunächst eine „stationaire Hülfsaufseherstelle“ inne, die dann im Juni 1850 in eine Försterstelle umgewandelt wurde. Scholz war mithin der erste Förster, der „zu Tegelsee im Forstreviere Tegel“ tätig war. Vermutlich war er mit seinem Leben und seinem Beruf sehr zufrieden. Sonst hätte er sicher nicht 1851 der Kirche zu Heiligensee zur Anschaff ung von drei Rohrstühlen drei Taler überwiesen, wie es im Amtsblatt vom 5. Dezember veröff entlicht wurde. Scholz wohnte 1858 mit acht weiteren Personen im Forsthaus Tegelsee. Bis wann er berufl ich aktiv war, ist nicht bekannt. Erst im Teltower Kreisblatt vom 27.10.1895 wurde über ihn anlässlich seines Todes Folgendes berichtet:
Eine auch in Berliner Kreisen weitbekannte Persönlichkeit, der alte Förster Scholz aus Tegelsee bei Tegel ist am Mittwoch Nachmittag zur letzten Ruhe bestattet. Den Berliner Ausfl üglern wird der joviale alte Herr noch gut in Erinnerung sein; er erfreute sich, seines liebenswürdigen Wesens halber allgemeiner Werthschätzung und wußte seinen Gästen den Aufenthalt in dem hübschen Forsthause so angenehm wie möglich zu machen. Die Herren schätzten ihn als gewandten Kartenspieler. Seit Jahren war er pensioniert und lebte in seiner hübschen Villa in Dalldorf. Trotz seiner hohen Jahre – er hat deren vierundachtzig erreicht – war er ungemein rüstig und hielt noch jedem Wetter stand. Den Kirchenbesuch versäumte er nie, wie er denn überhaupt außerordentlich gottesfürchtig war. Er hinterläßt zwei Söhne, von denen der eine gleichfalls Förster, der andere Baumeister ist. Die Beerdigung des Verstorbenen fand unter großer Betheiligung in Heiligensee statt.
Dem Forsthaus Tegelsee wollen wir nun einen Besuch abstatten, der uns in die schöne Sommerzeit des Jahres 1868 versetzen soll. Das Forsthaus wurde schon bald nach der Errichtung durch Berliner „Kultur-Pioniere“ entdeckt. Schnell gewann es trotz seiner abgeschiedenen Lage einen guten Ruf. Wegen seiner „treffl ichen Eigenschaften“ blieben ihm die Berliner treu, wenn sie es einmal kennen gelernt hatten.
Der ortsunkundige Berliner begab sich zunächst vom Schlossgarten und der „Dicken Marie“ aus in Höhe der Malche „ins Ungewisse“ auf die Suche nach dem Forsthaus, um dann einem bequemen Fußweg zu folgen, der über Wiesen zum Wald führte. Aber auch eine sandige Fahrstraße war bereits vorhanden. Der Wald bestand aus einem Gemisch von Lärchen, Kiefern, Fichten, Linden, Ulmen und Ahorn. Zwischen den Stämmen entdeckte der Wanderer dichtes Unterholz, zu dem unter anderem Haselsträucher gehörten. An der Fahrstraße war dann, halb verdeckt durch die Kronen von Obstbäumen, das Dach des Forsthauses zu sehen. Eine grüne dichte Hecke umfriedete das Gehöft, zu dem auch kleine Ställe und Scheunen gehörten. Wohl ein Dutzend Hunde vieler Rassen und Altersstufen waren nicht zu überhören.
Ein Hirschgeweih schmückte den Giebel des Forsthauses. Vor der Tür befand sich eine Vorlaube, von dichten Weinranken überschattet wie auch die Wände des Gebäudes. Auf einer Bank grüßten Förster Schulz (So der Zeitungsbericht. Oder war es vielmehr der oben erwähnte Förster Scholz?) und seine freundliche Frau die eintretenden Gäste. Im kleinen Garten standen wenige, bereits altersgraue Holztische sowie Bänke. Eine Linde wirkte fast wie ein breiter, wehender Schirm auf dem Terrain.
Das Forsthaus besaß keine Schankkonzession. Wenn Gäste eintrafen, die gar ein „Achtelfässchen“ (Bier) im Garten aufl egten oder der kühlen Erde anvertrauten, verursachte dies keine scheelen Blicke eines Wirtes oder Kellners. Ja, selbst der mitgebrachte „Fresskorb“ von der Größe eines Marktkorbes konnte off en ausgepackt und sein Inhalt an hungrige Mäuler verteilt werden. Zu jeder Zeit konnten Familien Kaff ee kochen. Zum „wirtschaftlichen Arsenal“ der „Frau Försterin“ gehörte nämlich ein ehrwürdiges riesiges Monument einer Bunzlauer Töpferei, welches etwa 80 Tassen in seinem ungeheuren Schoß aufnehmen konnte. Der Inhalt langte, um alle Berliner Ausfl ügler gleichzeitig bedienen zu können.
Von Jahr zu Jahr verfolgten die Berliner die Entwicklung der Anlage, zu denen ja auch, wie weiter oben erwähnt, viele Hunde gehörten. Zudem waren Katzen, Hühner und Gänse zu sehen. Zudem war eine tierische Ansiedlung ganz anderer Art im nächsten Umkreis des Forsthauses zu sehen, die hier nicht unerwähnt bleiben darf. In den Gipfeln der nahen Föhren nistete eine nach Hunderten zählende Kolonie von Reihern, eine „streng geschlossene stattliche Gesellschaft“, welche das ganze Stück des Uferwaldes bevölkerte. Es düngte natürlich von der Höhe aus den Waldboden unaufgefordert, zerstreute Federn und durchtönte mit Gekrächz und Geklapper die Luft. Vom Forsthaus ist zudem überliefert, dass sich seit seiner „Entdeckung“ hier auch berühmte Gäste in heiterem Spiel und geistreicher Konversation aufhielten, ohne dass freilich Namen genannt wurden. Einzelne Personen verbrachten im Forsthaus wochenlang die Zeit mit Studium oder einsamer Arbeit. Eine „geschätzte heimische juristische Autorität“ soll im Kämmerchen des Giebels während eines Sommers an einem fachwissenschaftlichen Werk gearbeitet haben. Auch hier ist aber kein Name bekannt. Durch diese Persönlichkeit entstand eine Bezeichnung für das Forsthaus, die freilich nur der Stamm der eingeweihten Getreuen kannte und nannte: „Das Forsthaus zur vergleichenden Übersicht“.
1887 wurde durch Maurermeister Trampel aus Glienicke auf dem „Förster-Etablissement Tegelsee“ ein neues Stallgebäude errichtet, in dem Kühe, Schweine und Jungvieh Aufnahme fanden. Auch eine Tenne, eine Futterkammer sowie eine kleine Kammer für Knechte waren eingeplant.
Ab 01.04.1888 wurde Grußdorf, nach dem die ehemalige Bahnhofstraße in Tegel benannt wurde, als Förster zum Forstrevier Tegelsee versetzt. Ärger gab es, als 1890 Zimmermeister August Müller aus Tegel den Bau eines Wohnhauses auf dem Areal ausführte. Fuß-Gendarm Friedrich von der dritten Gendarmerie-Brigade hatte nämlich am 19.06. d. J. festgestellt, dass der Rohbau ohne baupolizeiliche Genehmigung ausgeführt wurde. Amtsvorsteher Brunow „erlegte“ eine Geldstrafe von fünf Mark, ersatzweise einen Tag Haft und forderte die Vorlage einer Bauzeichnung binnen drei Tagen. August Müller kam dem natürlich umgehend nach. Die nachträgliche Genehmigung wurde nicht versagt. Doch es wurde auch festgestellt, dass der Neubau weiter als 1 m von dem nicht genügend breiten Weg Tegel – Scharfenberg bleiben müsste. Die forstfi skalische Verwaltung musste damit rechnen, evtl. den Weg auf der östlichen Seite zu verbreitern.
1890 befanden sich nun auf dem Hof der Försterei ein altes Wohnhaus von 1848, ein gerade neu erbautes, ein Schweinestall mit Pappdach, eine Fachwerk-Scheune, ein Stall mit massivem Ziegeldach, ein Pferdestall und ein Brunnen. Zum angrenzenden Garten gehörte ein kleines Backhaus. Es ist nicht überliefert, warum zu dem ja noch gar nicht so alten Wohnhaus ein zweites errichtet wurde, und wann der Abriss des Hauses aus dem Jahre 1848 erfolgte.