In der Jungfernheide – außerhalb des Gemeindegebietes Tegel – legte das preußische Kriegsministerium 1828 den Schießplatz zur Erprobung weiterentwickelter Geschütze (Kanonen) der Artillerie an. Als die Reichweite der Geschütze durch technische Verbesserungen zugenommen hatte, wurde der Schießplatz 1856 in westlicher Richtung vergrößert, in den 1870er-Jahren auch im Osten, so dass der abgeholzte Platz schließlich 3,3 km lang und an der breitesten Stelle 1,3 km breit war. An der heutigen Seidelstraße entstanden Baracken zur Unterbringung der bei den Schießübungen eingesetzten Soldaten, und um 1880 wurde ein Offi zierskasino erbaut. Am heutigen Kurt-Schumacher-Damm gegenüber der Einmündung des Kapwegs standen seit den 1870er Jahren die Bauten der Artillerie-Schießschule, später Artillerie-Werkhäuser genannt.
Unmittelbar westlich an die Gebäude der Artillerie-Werkhäuser schloss sich der „Punkt A“ des Schießplatzes an, von dem aus in westlicher Richtung mit den Kanonen geschossen wurde. Dort stand inmitten des von Dünenhügeln durchzogenen Schießplatzes ein Zieldorf, eine Dorfattrappe mit Kirchturm, das getroff en werden sollte. Da sich durch Weiterentwicklung der Geschütze die Reichweite der Geschosse vergrößerte, waren Saatwinkel sowie die Inseln Reis- und Baumwerder gefährdet. Zur Verhinderung von Unglücksfällen stellte man an Schießtagen militärische Warnposten auf, für die an der Bernauer Straße mehrere Sicherheitsunterstände eingerichtet wurden. Trotz des Verbots begaben sich während der Übungen Zivilpersonen in Gefahr, um Reste der explodierenden Geschosse zu suchen und als Buntmetall an Berliner Händler zu verkaufen.
Der Schießplatz diente der regulären Ausbildung der Berliner und Spandauer Artillerieregimenter. In Berlin hatte das 1. Garde-Feldartillerie-Regiment seine Kaserne in der Perleberger Straße (Moabit), und das 3. Garde-Feldartillerie-Regiment (1. Abteilung) hatte seine Kaserne in der Scharnhorststraße (Nähe Nordhafen). In Spandau war das Garde-Fuß-Artillerie-Regiment untergebracht. Außerdem hielten die Infanterie- und Kavallerieregimenter hier ihre Schießübungen ab.
Schon 1896 wollte die Heeresverwaltung den Artillerie-Schießplatz eingehen lassen und nach Jüterbog verlegen. Auf dem Tegeler Schießplatz sollten nur noch Übungen der Infanterie im Gefechtschießen stattfinden. Dennoch übten hier die Berliner Artillerie-Regimenter weiter.
Nachdem trotz eines aufgeschütteten Schutzwalls immer wieder Granaten in den Tegeler See gefl ogen waren – so dass der Dampferverkehr an Schießtagen eingestellt werden musste –, schlug am 18.01.1908 bei einer Scharfschießübung des 1. Garde-Feldartillerie-Regiments eine Granate in ein Wohnhaus von „Blumeshof“ (heute Im Saatwinkel 55/57) ein. Menschen kamen nicht zu Schaden, doch stellte man daraufhin 1909 das Scharfschießen auf dem Tegeler Schießplatz ein und verlegte die Schießübungen auf den Schießplatz Kummersdorf bei Zossen. Der Tegeler Platz wurde nur noch zum Exerzieren benutzt.
Stattdessen trat nun die Luftfahrtnutzung in den Vordergrund. Schon seit 1901 waren die Ballone der Luftschiff er-Abteilung, deren Kaserne südlich bzw. östlich des heutigen Kurt-Schumacher-Damms lag, vom Schießplatz oder vom Kasernenhof aufgestiegen. So startete am 01.02.1902 Hans Bartsch v. Sigsfeld mit einem Freiluftballon, der bis Antwerpen getrieben wurde.
Am 26.05.1906 stieg der bayrische Major v. Parseval mit dem von ihm erfundenen halbstarren Luftschiff vom Schießplatz auf. Dieses erste zusammenlegbare Ballon-Luftschiff hatte er in einer am Südrand des Platzes errichteten Unterbringungshalle bauen lassen. 1908 folgten weitere Probefahrten mit einem neu gebauten Ballon-Luftschiff mit stärkeren Motoren.
Am 29.08.1909 um 13.44 Uhr nachmittags landete der Konkurrent Graf Zeppelin mit seinem starren Luftschiff LZ 6 (= Z III) auf dem Schießplatz und wurde hier von Kaiser Wilhelm II. und Tausenden begeisterter Berliner begrüßt.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Schießplatzgelände nicht mehr genutzt und verwilderte. Die Gebäude der Artillerie-Werkhäuser wurden als Polizeikaserne verwendet, und eines der Gebäude war um 1929 an eine Kupferschmiede vermietet. 1937 riss man die Gebäude ab, nicht jedoch das einstige Artillerie-Mannschaftsgebäude von 1900, das erst 1964 dem Ausbau des Kurt-Schumacher-Damms wich.
Südlich des Schießplatzes hatte – bis 1938 auf Charlottenburger Bezirksgebiet gelegenem Land – der „Verein für Raumschiff ahrt e.V.“ 1930 bis 1933 den „Raketenfl ugplatz Reinickendorf“ betrieben. Bei den 87 Raketenaufstiegen erreichte man eine Höhe bis 4.000 m.
Nach Kriegsende 1945 ließ das Bezirksamt Reinickendorf einen Teil des sandigen Bodens urbar machen, um Gemüse zur Versorgung der Bevölkerung des Bezirkes anzubauen. 1946 wurde eine Beregnungsanlage in Betrieb genommen. Für das Wirtschaftsjahr 1946 – 47 wurden angebaut: 3,42 ha Gemüse: 7,48 ha Kartoff eln; 17,11 ha Getreide; 10 ha Lupinen; 1,3 ha entfi elen auf sonstigen Feldbau („Amtsblatt Reinickendorf“ Nr. 14/1947).
1946 wurde eine Kleingartenkolonie auf einem Geländestreifen des einstigen Schießplatzes angelegt. Auf den 296 Parzellen sollten Kleinstwohnhäuser (Wohnlauben) errichtet werden. Jedoch musste die Kolonie zwei Jahre später dem Flugplatzbau weichen, für den die Arbeiten am 05.08.1948 begannen. Am 01.12. desselben Jahres konnte der für die Versorgung der Bevölkerung während der West-Berlin-Blockade wichtige Flugplatz mit einer Landebahn feierlich eröff net werden. 1949 nahm man die zweite Landebahn in Betrieb.
Der Flugplatz Tegel wurde von der Französischen Militärregierung als Militärfl ugplatz genutzt. Am 02.01.1960 wurde zusätzlich der Zivilflughafen Tegel mit Abfertigungsgebäuden auf der Nordseite des Geländes eröff net. Am 01.11.1974 nahm man den Flugbetrieb in den neuen Abfertigungsgebäuden am Südrand des Geländes auf.
Nach mehrmaligen Erweiterungen des Abfertigungsgebäudes wird der Flugbetrieb mit Ablauf des 02.06.2012 eingestellt und der Flughafen geschlossen. Die Tegeler werden miterleben, in welcher Weise sich eine künftige Nutzung des einstigen Schießplatzes entwickeln wird.
Der Schiessplatz Tegel
Das Kriegerdenkmal
Der Tegeler Rundfunksender
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