An der Ecke Berliner Straße/Veitstraße stand früher ein viergeschossiges Wohnhaus mit einem Eckturm. Die Fassaden waren teilweise aus roten Ziegelsteinen gestaltet. Bauherren waren im Jahr 1906 der Kaufmann Wilhelm Rosenthal und seine Ehefrau Emma. Im Erdgeschoss befand sich eine von der Straßenecke her zugängliche Gaststätte, die ursprünglich „Zum ersten Ehestandsschoppen“ hieß, weil sich schräg gegenüber in der Veitstraße 5 das Standesamt Tegel befand und die Teilnehmer der Eheschließungen häufig gleich in der Nähe einkehrten. Inhaber war um 1912 der Gastwirt Mülbe. Später hieß die Gaststätte „Friedensrichter“ und wurde von dem Wirt Schade betrieben. Der Vorgarten am Gebäudefl ügel Veitstraße diente als Restaurant-Garten mit Tischen und Stühlen für die Gäste. 1944 wurde das Eckhaus bei einem Luftangriff völlig zerstört. Nur das zu dem Gebäudekomplex gehörende Haus Veitstraße 40 ist noch heute erhalten und vermittelt einen Eindruck von dem verschwundenen Eckhaus.
Später entstand an der Ecke eine Tankstelle. Heute befi ndet sich hier der breite Eingang zu dem Einkaufszentrum „Hallen am Borsigturm“. Dieses wurde 1997/99 durch den Umbau der hundert Jahre alten Werkhallen des Borsigwerkes errichtet. Nach dem Entwurf des Pariser Architekten Claude Vasconi und der Berliner Architektin Dagmar Groß schuf man auf 20.000 m2 Fläche Räumlichkeiten für 129 Geschäfte, Restaurants und Dienstleistungsbetriebe sowie auf weiteren 10.000 m2 Fläche Raum für Freizeitbetriebe mit Kino, Diskothek, Bowlingbahnen und Fitnesszentrum.
Beim Bauen blieben historische Teile der alten Werkhallen erhalten. Im Inneren wurden etwa 13 Fachwerkstützen der alten, das Hallendach tragenden Stahlbaukonstruktion in den modernen Bau einbezogen.
1958 wurde die U-Bahn nach Tegel eingeweiht
Wie doch die Zeit vergeht. Fast 60 Jahre sind vergangen, seit am 31.5.1958 die U-Bahn über den Kurt-Schumacher-Platz hinaus nach Tegel verlängert wurde. Lesen Sie nachfolgend einen kleinen Rückblick.
Am 31.1.1912 wurde die landespolizeiliche Genehmigung zum Bau einer U-Bahn in Nordsüd-Richtung erteilt, deren Inbetriebnahme als Teilstrecke Hallesches Tor – Stettiner Bahnhof – Seestraße allerdings bis 1923 dauerte. In den Jahren 1924 – 30 folgte der gabelförmige Ausbau in südöstlicher Richtung bis Neukölln und in südlicher Richtung bis Tempelhof.
1929 schlug der damalige Stadtrat für Verkehrswesen, Ernst Reuter, eine Verlängerung der U-Bahnlinie C in nordwestlicher Richtung bis zur Scharnweberstraße in Reinickendorf vor. Tatsächlich wurden Bauarbeiten aufgenommen und Tunnelstücke fertig, doch die Arbeiten wurden wieder eingestellt. Erst am 17.8.1953 beschloss der Senat von Berlin, eine Verlängerung der U-Bahnlinie über Seestraße hinaus in Richtung Tegel vorzunehmen und zunächst mit einer Teilstrecke bis zum Kurt-Schumacher-Platz zu beginnen. Der erste Rammschlag in der Seestraße erfolgte am 26.10.1953. Die 2,4 km lange Verlängerung konnte am 3.5.1956 in Betrieb genommen werden. Der durch die Tunnelstrecke angefallene Erdaushub wurde bereits für eine Dammaufschüttung eingeplant, die im zweiten Bauabschnitt anfiel. Hinter dem U-Bahnhof Holzhauser Straße schlossen dann im Frühjahr 1956 die Bauarbeiten für das Tunnelstück bis zum Endbahnhof Tegel an. Diese Arbeiten dauerten zwei Jahre. Die Betriebseröffnung des 4,3 km langen Bauabschnittes vom Kurt-Schumacher-Platz bis nach Tegel am 31.5.1958 bedeutete für Bewohner, Beschäftigte und Ausflügler den lange erwünschten Anschluss Tegels an das U-Bahnnetz. Der Abschluss der insgesamt 6,7 km langen Anschlussstrecke in einer Bauzeit von 4 ½ Jahren wurde in Tegel im Rahmen einer Tegeler Woche gefeiert. Durch die Verlängerung der U-Bahnlinie musste die BVG ihren Wagenpark erweitern. Es wurden 54 Wagen eines neuen Typs zusätzlich in Betrieb genommen. Die Wagen waren ca. 16 m lang und bildeten paarweise eine Zugeinheit mit Führerständen an beiden Enden. So konnten Zwei-, Vier- und Sechs-Wagenzüge eingesetzt werden. Die Wagen verfügten über vollautomatische sog. Scharfenberg-Kupplungen. Zur mechanischen Kupplung einschließlich der Druckluft- und elektrischen Steuerleitungen genügte es, wenn die Wagen leicht aneinander fuhren, zur Entkupplung reichte eine Hebel-Bedienung im Führerstand.
Zwei Motore von je 150 kW Leistung erreichten eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h. Leuchtstoffröhren beleuchteten das Wageninnere, eine Notbeleuchtung bei Ausfall des Bahnstroms wurde durch Akkumulatorenbatterien gespeist.
Die Zugeinheit bot 72 Sitz- und 228 Stehplätze.
Die Umformerstationen konnten die Versorgung von 24 Zügen mit je vier Wagen pro Stunde auf jedem Gleis leisten. Somit war eine Beförderung von 15000 Fahrgästen pro Stunde und Gleis möglich.
Die Zugfolge war in Abständen von 5 Minuten vorgesehen. Die Fahrzeit vom U-Bahnhof Kurt-Schumacher-Platz bis zum U-Bahnhof Tegel betrug 9 Minuten. Dies entsprach einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 28,6 km/h. Auf der gesamten Strecke wurden 21 Züge benötigt. Die Aufstellgleise am U-Bahnhof Tegel konnten während der Betriebspause 8 Züge im Umfang von Vier-Wagenzügen aufnehmen.
1958 verließ der erste Zug den Bahnhof um 4.59 Uhr, der letzte Zug traf um 0.49 Uhr ein.
Es würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen, auf jegliche Veränderungen seit 1958 einzugehen. Genannt seien nur in Stichworten:
- Linienbezeichnung jetzt U 6 mit Streckenführung nach Alt-Mariendorf,
- Umbenennung des U-Bahnhofs Tegel in Alt-Tegel (1992),
- Zuglänge, von Kurzzügen abgesehen, sechs Wagen (seit Ende Sept. 1996),
- Umbenennung des U-Bahnhofs Seidelstr. in Otisstr. (Jan. 2003),
- Ausstattung des U-Bahnhofs Alt-Tegel mit einem Aufzug (2006).
- Zwischen Kurt-Schumacher-Platz und Alt-Tegel Gleisbett-Reparaturen, Einbau neuer Sicherheitstechnik sowie Weichen vor dem U-Bahnhof Alt-Tegel (April 2007).
Das erste Grundstück der Berliner Straße zwischen der Einmündung der Straße Am Tegeler Hafen und Alt-Tegel trägt keine eigene Grundstücksnummer. Das hier befindliche Geschäftshaus hat die Bezeichnung Alt-Tegel 2.