1845 verbanden sich mehrere christlich gesinnte Männer in der Absicht, verlassene Kinder »aus ihren unseligen Verhältnissen, in welchen sie bei längerem Verweilen sittlich verderben würden, herauszunehmen und durch christliche Erziehung zu nützlichen Gliedern der menschlichen Gesellschaft heranzubilden«. Zwei Jahre später wurde eine Anstalt gegründet.
In der Neuen Hochstraße 19, später Nr. 38 bis 40 (Wedding) konnte ein Haus genutzt werden, das der Verein mit Hilfe königlicher Unterstützung erworben hatte. Wohl aus diesem Grund trug es bis 1856 die Bezeichnung »Königshaus«. F. W. Theel unterrichtete hier als Lehrer. Wegen seines Anstriches (nach anderer Quelle wegen Rankpfl anzen am Haus) erhielt das Gebäude dann ab 1857 den Namen »Grünes Haus«, während sich der Verein den Namen »Erziehungsverein für verlassene Kinder im Grünen Hause zu Berlin« zulegte. Bis 1887 war Theel weiter als Lehrer, Hausvater und Vorsteher der Erziehungsanstalt tätig.
Im Jahre 1888 beschloss der Vorstand den Verkauf des Grundstückes und die Verlegung der Anstalt. Im Spätherbst 1890 konnte in der Müllerstraße 52 ein Grundstück gekauft und die Einrichtung hier bedeutend vergrößert werden. Der Name »Grünes Haus« blieb unverändert erhalten.
Der Verein erwarb dann im Jahre 1914 von der Gemeinde Tegel am Hermsdorfer Weg (heute Ziekowstraße 161, Ecke Wilhelm-Blume-Allee 21) für 162.000 Mark ein Grundstück, auf dem eine Erziehungsanstalt errichtet und ab November 1914 genutzt wurde. Die Baukosten betrugen 500.000 Mark. Die Mittel hierfür standen durch Grundstücksverkäufe zur Verfügung. Die Unterhaltskosten trug die Stadt Berlin. Auch die Gemeinden beteiligten sich hieran, soweit sie Kinder im »Grünen Haus« unterbrachten. Behörden überwiesen für die Unterbringung von Knaben 15 bis 20 Mark monatlich an Pfl egegeld, während bei einer von Angehörigen veranlassten Aufnahme je nach Vermögensverhältnissen ein monatliches Kostgeld von 3 bis 15 Mark festgelegt war (Preisstand vor 1921). Im November 1921 beherbergte das Haus 135 Zöglinge im Alter von 6 bis 12 Jahren. Die Kinder wurden in Gruppen von maximal 8 Personen aufgeteilt, hatten als Leiter(in) einen Lehrer, Erziehungsgehilfen oder eine Kindergärtnerin und erhielten Schulunterricht in vier aufsteigenden Klassen. Nach vollendetem 14. Lebensjahr wurden die Zöglinge entlassen und einem Beruf zugeführt.
1927 zeigte sich das Grundwasser als ein erhebliches Problem für das Haus. Die Kellerräume standen unter Wasser. Abhilfe wurde von der Fertigstellung des Nordgrabens erhoff t. Das Erziehungsheim beherbergte derweil 200 Zöglinge. Hiervon war eine Anzahl vorschulpfl ichtig, die Kinder wurden in einem Kindergarten von Kindergärtnerinnen betreut. Die schulpfl ichtigen Kinder besuchten eine achtklassige Normalschule bzw. eine dreiklassige Hilfsschule. Die zwölf Lehrkräfte waren gleichzeitig in der Erziehungsarbeit tätig. Zusätzlich betreute das Haus eine große Zahl an eingesegneten Knaben, die im Garten oder in Tischlerei-, Bürsten- oder Stuhlfl echterei-Werkstätten eingesetzt wurden. Aber auch außerhalb des Hauses erlernten Kinder bei Handwerksmeistern bestimmte Berufe.
1943, das Haus befand sich zwischenzeitlich im Eigentum der Stadt Berlin, brannte das Gebäude nach einem Luftangriff nieder. Der 1947 wieder gegründete Verein der Freunde des »Grünen Hauses« erreichte einen Wiederaufbau der Einrichtung. An die alten Erziehungsstrukturen wurde angeknüpft, zusätzlich entstanden Ausbildungsmöglichkeiten für Schuhmacher, Tischler, Schlosser und Gärtner.
Anfang der 1960er-Jahre wurde das Heim in seiner bisherigen Form aufgelöst. Eine von einem Arzt geleitete Beobachtungsabteilung für psychisch kranke Jugendliche im Alter von 12 bis 21 Jahren wurde durch das Landesjugendamt eingerichtet. Bis 1969 führte das »Grüne Haus« noch seinen althergebrachten Namen. Als Jugendhilfsstelle (Nebenstelle des Hauptpflegeheimes) diente das Haus von 1974 bis 1981.
Eine umfangreiche Renovierung war erforderlich, als das Haus 1981 vom Berliner Jugendclub e. V. übernommen wurde. Seit 1982 wurde es als Jugendgästehaus genutzt. Schulklassen, Sportvereine und Fortbildungsgruppen bis zu einem Alter von 27 Jahren nutzten die Unterkunftsmöglichkeit (150 Betten). Durch zahlreiche Sanierungs- und Umbaumaßnahmen in den Jahren 2011/14 wurde das Grüne Haus so verändert, dass es jetzt das Humboldt-Gymnasium zusätzlich nutzen kann.
Gerhard Völzmann