Die Markthalle im Tegel-Center als traditionelle Einkaufsstätte kennt fast jeder Nordberliner. Die lange Geschichte der Halle begann am 1. April 1908, als Oswald Prenzel auf einem von ihm von einem Bauern namens August Müller erworbenen Grundstück einen privaten Wochenmarkt eröffnete. Die Betonung bei der Eröffnung lag auf „privat“, da es bis 1908 nur durch die öffentliche Hand bewirtschaftete Märkte gab.
Der Wochenmarkt war bei der Eröffnung noch relativ einfach und primitiv eingerichtet. Der Boden bestand aus Sand und die August-Müller-Straße (heute Gorkistraße) war noch ein kleiner unbefestigter Landweg in das benachbarte Wittenau. An den Markttagen mußte die freiwillige Feuerwehr die Straße sprengen, um eine übermäßige Staubentwicklung zu verhindern. Aus der Umgebung und auch weiterher kamen die Menschen, um hier preiswert einzukaufen. Der Wochenmarkt hatte schnell sein Publikum gefunden. Nachdem der Erste Weltkrieg überstanden war, blühte der Markt in den zwanziger Jahren wieder auf. Die erste Modernisierung stand an. Der Boden wurde mit Betonplatten „entstaubt“ und als der S-Bahn-Verkehr nach Velten und Kremmen eröffnet wurde, kamen auch die Havelländer nach Tegel auf den Wochenmarkt. Der Zweite Weltkrieg mit seinen Einschränkungen und Zerstörungen brachte den Markt zum Stillstand. Das traurige Ergebnis im Jahr 1945: 180 Stände wurden zerstört und wanderten als Brennholz in die Öfen der Tegeler Bürger!
Der provisorische Aufbau gelang dann aber wieder nach kurzer Zeit. Die Geschäfte gingen wieder aufwärts, und die Kunden der Umgebung blieben ihrem Markt treu. Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte ist das Jahr 1958. Zum 50jährigen Bestehen erhält der Markt ein neues Gesicht. Über die gesamten Stände wurde ein Eternitdach gebaut, das von einer Stahlkonstruktion getragen wurde. Jetzt konnten die Marktbummler auch bei schlechtem Wetter trockenen Fußes einkaufen. Zur Gorkistraße hin wurden Läden installiert und die Stände modernisiert oder auch neugebaut.
Mit dem Tode Oswald Prenzels ging 1971 eine Ära des Tegeler Marktes zu Ende.
Mit großem persönlichen Einsatz gelang seinem Sohn Walter Prenzel der Aufbau der neuen Markthalle. Sein Ziel, möglichst vielen selbständigen Handelsunternehmen und Familienbetrieben eine Existenz zu geben, ist bis heute die Zielsetzung der Markthalle. Das Tegel-Center wurde projektiert und gebaut. Am 23. März 1972 eröffnete die im Zuge dieses Neubaus entstandene WochenMarkthalle Berlin-Tegel an der alten Stelle. Ein neuer Zeitabschnitt begann. 15 Jahre später, nämlich 1987, standen dann wieder Baumaßnahmen ins Haus. Wiederum wurde die Halle modernisiert, erweitert und zur Fußgängerzone Gorkistraße hin geöffnet. Damit wurde die Halle direkt an die Straße gerückt, sie ist damit gläsern, transparent geworden.
1994 verstarb Walter Prenzel. Die heutige Firma trägt seinen Namen. In der Folge übernahm die Familie Hubertus Prenzel die Verwaltung der Markthalle und führt sie in der dritten und vierten Generation der Familientradition weiter.
Die Markthalle – inzwischen nochmals modernisiert und der Zeit angepaßt – behält ihr eigenes Flair und bleibt mit langer Tradition als Nachfolgerin des Tegeler Wochenmarktes ein wichtiger Nahversorger für den täglichen Kunden. Sie ist auch weiterhin Existenz für fünfzig mittelständische Händler, die teilweise seit Jahrzehnten mit ihren Mitarbeitern ihr Geschäft betreiben und über 200 Arbeitsplätze aufrecht erhalten. Mit persönlicher Bedienung und Beratung – größtenteils durch den Inhaber selbst – stellen sie sich täglich dem harten Verdrängungswettbewerb. Die Kunden schätzen dieses Umfeld als Kommunikationsstätte mit einem leistungsfähigen Angebot mit dem Schwerpunkt auf Frischwaren und Sortimenten des täglichen Bedarfs. Das ist seit fast einhundert Jahren Kundenservice mit hohem Qualitätsbewusstsein.
Durch die Vielfalt des Angebots, die Kreativität des einzelnen Anbieters und den persönlichen Kontakt zwischen Kunden und Verkäufern ist die Markthalle auch für die Zukunft trotz eines immer schwieriger werdenden Umfeldes durch Großflächenanbieter und Discounter gut gerüstet.Die Angebotsform einer Markthalle mit ihren zahlreichen selbständigen Händlern und einem tagesfrischen Angebot verschiedener Provenienzen und Branchen ist heute so aktuell wie vor fast einhundert Jahren.
Auf eine lange Tradition kann der Wochenmarkt zurückblicken, der sich in der Markthalle im Tegel-Center befindet. Er besteht immerhin seit dem 1.4.1908. Zu dieser Zeit hieß die heutige Gorkistr. noch August-Müller-Str., benannt nach dem gleichnamigen Bauern, der dem aus Schlesien stammenden Oswald Prenzel die Grundstücke Nr. 15 u. 17 zur Einrichtung eines privaten Wochenmarktes überließ. Doch eine Marktgründung war leichter gesagt als getan, wie Prenzel schnell feststellen musste. Er hatte nämlich bereits am 9.11.1907 in der Moabiter Wiebe- Ecke Sickingenstr. einen Wochenmarkt gegründet und dabei gemerkt, dass die Stadt offen-sichtlich eine Konkurrenz zu den bislang nur von ihr betriebenen Märkten sah. So folgte für den privaten Marktbetreiber ein Hindernis nach dem anderen. Doch Prenzel wusste sich auch bei Klagen, die gegen ihn angestrengt wurden, durch-zusetzen.
Der Boden des Tegeler Markt-Areals war anfangs nicht befestigt. So blieb es nicht aus, dass die Freiwillige Feuerwehr an Markttagen ausrückte, um die die Straße zu sprengen und damit eine übermäßige Staubentwicklung zu verhindern. Kunden aus Tegel und Umgebung kauften gern auf dem Markt ein.
In den zwanziger Jahren verlangte eine Vorschrift die Befestigung der Bodenfläche des Marktes. Prenzel ließ daraufhin Betonplatten verlegen. Er dachte aber noch einen Schritt weiter und eröffnete in der Reinickendorfer Wilkestr. 16 eine eigene Kunststeinplattenfabrik.
Das Ende des zweiten Weltkrieges im Mai 1945 bedeutete auch einen Zusammenbruch des Wochenmarktes mit seinen 180 Ständen, die als Heizmaterial in die Öfen der Tegeler wanderten. Prenzel wagte schon bald mit Provisorien einen Neuanfang, der wieder zu einem Marktbetrieb mit Stammkunden führte.
1958 konnte Oswald Prenzel das 50-jährige Bestehen des Tegeler Wochenmarktes feiern. Zu diesem Anlass erhielt der Markt ein von einer Stahl-Konstruktion getragenes Eternit-Dach. Damit war sich die Mehrzahl der Marktstände geschützt, die Besucher mussten bei Regenwetter nicht mehr nasse Füße befürchten. An der Straßenfront (Gorkistr.) befanden sich nun auch feste Läden, die mit Porzellan-Sydow, Mitzky-Moden, Radellis Lichtshaus und Fränkels Imbiss wohl noch dem einen oder anderen Tegeler in Erinnerung sind. Neben dem Markt war eine Fahrradaufbewahrung eine gern genutzte Einrichtung. Das 50-Jährige Marktbestehen feierte Prenzel im Restaurant Am Forsthaus. Neben Bezirksbürgermeister Dünnebacke waren über 300 Gäste anwesend.
Als sich die Errichtung des Tegel-Centers abzeichnete und dann ausgeführt wurde, musste der Wochenmarkt in der Bauphase ausweichen. Dies geschah insofern, als der Wochenmarkt jenseits der S-Bahnlinie an der Gorkistr. gleich hinter dem Bahnübergang abgehalten wurde. Die Eröffnung der Markthalle im Tegel-Center am 23.3.1972 sollte Oswald Prenzel nicht mehr erleben. Er starb im Alter von 90 Jahren im Jahre 1971.
Der Marktaufbau in der neuen Halle mit rd. 2000 qm für 80 Stände lag in den Händen von Walter Prenzel, dem Sohn des Verstorbenen. 1987 wurde die Halle erneut modernisiert, erweitert und zur Gorkistr. hin besser einsehbar geöffnet.
Als Walter Prenzel am 17.2.1994 im Alter von 85 Jahren verstarb, übernahmen mit der Familie Hubertus Prenzel eine dritte und vierte Generation (Dirk Prenzel) die Verwaltung der Markthalle. Danach boten in der Halle etwa 50 Händler ihre Waren feil. Rund 250 Arbeitsplätze waren damit verbunden. Das Warenangebot reichte u. a. von Obst und Gemüse, Backwaren, Fisch, Fleisch und Wurstwaren, Molkereiprodukte, Gewürze, Zeitschriften und Tiernahrung bis hin zu Imbiss sowie einer Gaststätte. Nicht alle Produkte sind damit aufgezählt.
In jüngster Zeit zeichnen sich gravierende Veränderungen durch den Umbau des gesamten Tegel-Centers ab, so dass über den erhofften Fortbestand der Markthalle erst später berichtet werden kann.
Endlich Klarheit – aber auch Wahrheit?
Das neue Tegel-Center
Haben Sie sich nicht auch über die Nachricht gefreut, dass das Tegel-Center saniert werden soll? Und gejubelt, als es hieß: Karstadt baut seit dreißig Jahren das erste neue Kaufhaus – in Tegel! Aber dann schien die geliebte Markthalle in Gefahr, und Tausende unterschrieben „Rettet die Markthalle!“ Wenig Konkretes war zu erfahren, nur Gerüchte machten die Runde.
Endlich rief der Bürgermeister zu einer Informationsveranstaltung in die Humboldt-Bibliothek. Sogar den Investor hatte er mitgebracht. Was der zur Zukunft des Tegel-Centers zu sagen hatte, interessierte über 300 Menschen.
Harald Huth bekannte, in Tegel nicht noch eine der üblichen Einkaufszentren zu schaffen. Er hätte die Herausforderung angenommen, eine in die Jahre gekommene Fußgängerzone mit Fünfzigerjahre-Schick zu revitalisieren. Da ging mancher Zuhörerin schon mal das Herz auf. Immerhin war ja seit Monaten bekannt, dass Harald Huth – überrascht vom Bürgerwillen zu Gunsten der Markthalle – diese nun doch erhalten wollte. Dann zeigte „Big Harald“, wie er in Branchenkreisen genannt wird und als solcher gleichzeitig gefürchtet ist, schöne Fassadenbilder der Neubauten an der Fußgängerzone Gorkistraße: Viel Glas, also Transparenz, viel tiefer Naturstein – teuer, kein billiger Putz, der nach wenigen Jahren veralgt und hässlich aussieht. Das hört man gern als Tegeler: Für euch ist mir das teuerste Material, der teuerste Architekt gerade gut genug! Schnell verstummt der innere Zweifler: Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld? Klar doch, Harald Huth hat im Zweifel auch noch arabische Investoren in der Hinterhand. Aber wollen die nicht Rendite sehen? Haben wir denn genug Geld in der Tasche, um Herrn Huths Renditeerwartungen nicht zu enttäuschen? Tegeler, löst eure Lebensversicherungen auf, und kauft im neuen Tegel-Center, damit die schicke Fassade abbezahlt wird!
Aber halt – da gibt es noch die „Hallen am Borsigturm“ – ein Einkaufszentrum, knapp eine Kilometer entfernt. Wird unser Geld für beide Zentren reichen – selbst mit aufgelösten Lebensversicherungen? Harald Huth: „Ich nehme den Wettbewerb an.“ Das kann man als Kampfansage an die Borsighallen verstehen. Den Media-Markt hat er von dort schon abgeworben. Und dann haben die Hallen ein weiteres Problem: Wenn das Multiplex-Kino nicht in neueste Technik und ansprechendes Mobiliar investiert, wird es weitere Kunden verlieren. Können sich die Hallen ohne Multiplex-Kino und ohne Media-Markt halten? Da sorgt sich nicht nur die dortige Verwaltung. Ohnehin wechseln die Hallen ständig den Besitzer, die offensichtlich kein langfristiges Anlageinteresse zeigen.
Bürgermeister Balzer ignorierte mit einem süffisanten Lächeln die Frage, ob er sich schon Gedanken über die Nachnutzung der Borsighallen gemacht hätte. Immerhin konnte der Leiter des bezirklichen Stadtplanungsamtes, Herr Helmuth-Paland, mit beruhigenden Zahlen aufwarten: Die Hallen, das neue Tegel-Center und die Läden der Berliner Straße kämen zusammen auf gut 60.000 Quadratmeter Verkaufsfläche; das wäre nicht überdimensioniert und im Übrigen mit der Senatsverwaltung abgestimmt. Da fällt dem geschichtsbewussten Zuhörer ein anderes Tegeler Großprojekt ein: Vor gut hundert Jahren waren auch Hafen und Industriebahn ein scheinbar sicheres Projekt – geplant für eine Industrieansiedlung im Norden der expandierenden Reichshauptstadt. Vom Hafen ist noch der Name geblieben, von der Industriebahn hier und da ein Stückchen Gleis in wuchernder Wildnis – Investruinen. Aber es gibt auch ein Gegenbeispiel: Ohne Wagemut wäre die Bebauung des Borsiggeländes in den Neunzigerjahren nicht gelungen!
Merkwürdigerweise verschwieg die ausführliche Berichterstattung des „Tagesspiegels“ zwei weitere neuralgische Punkte. Für die beiden großen Parkflächen (wie bisher an der Bernstorffstraße und an der Grußdorfstraße, allerdings mit reduzierter Parkplatzzahl) wird es nur noch eine Zufahrt geben, in der Grußdorfstraße! Da gruselt es nicht nur Anwohner. Aber der Bürgermeister berief sich auf ein Gutachten, das der Investor in Auftrag gegeben und seine Verwaltung für plausibel befunden hatte. Alles kein Problem, meinte Herr Balzer, man müsste nur die Zweite-Reihe-Parker konsequent vertreiben. Und, das gestand Herr Balzer zu, das Problem der Fahrradparkplätze müsste noch gelöst werden, vielleicht mit einem Fahrrad-Parkhaus am S-Bahnhof, schließlich sollte die Fußgängerzone keine Fahrrad-Parkplatz-Zone werden.
Gegen Ende der Veranstaltung ließ Herr Huth mit wenigen Worten eine Bombe platzen: Die Standbetreiber würde er zu gleicher Pacht übernehmen. Erstauntes, erleichtertes bis beifälliges Gemurmel. Man wird Herrn Huth nicht direkt der Lüge bezichtigen können. Für die Bauphase mag seine Aussage ja gelten, aber danach? Haben denn schon etliche Standbetreiber die Segel gestrichen, weil ihnen die Tegeler Kundschaft nicht mehr gefällt? Nein, ihnen lagen Harald Huths Angebote für die Zeit nach der Bauphase vor, mit teilweise deftigen Preissteigerungen. Sie geben auf, weil sie wissen: Die geforderte Pacht werden sie nicht aus ihrem Umsatz erwirtschaften können.
Trotz eloquenten Auftritts des Investors bleiben also Zweifel:
- Warum wurde ohne Not die Zufahrt zur Parkfläche in der Bernstorffstraße aufgegeben?
- Ist das schicke Projekt mit neuer Fassade die Vertreibung etlicher angestammter Standpächter wert?
- Wird das große Tegeler Einkaufsparadies inklusive der Berliner Straße und der Borsighallen einen generellen Einbruch im Binnenkonsum, zum Beispiel im Gefolge einer zyklischen Krise, überleben? Sicher ein Risiko der großen Center gegenüber vielen kleinen Händlern.
Meinhard Schröder, 11.01.17
Tegel kämpft um seine Markthalle – Initiative zieht erste Bilanz
Die Reinickendorfer treibt die ungewisse Zukunft der Markthalle Tegel um. Sie wissen, welch wichtige Bedeutung die Markthalle für den Einzelhandel in Tegel und in ganz Reinickendorf hat. Der Tegeler Abgeordnete Tim Zeelen (CDU), MdA, Michael Grimm, Tegeler Unternehmer und Initiator der Arbeitsgemeinschaft „Kunst und Kultur in Tegel“ , Christian Garbrecht vom Tourismusverein Berlin – Reinickendorf e.V., Felix Schönebeck von der Kiez-Initiative I love Tegel und Frank-Max Polzin, auch bekannt als „Postmaxe engagieren sich seit längerem für den Erhalt des Tegeler Urgesteins. Sie sind überrascht von den vielen Reaktionen der Bürgerinnen und Bürger auf Ihre Unterschriftensammlung.
Der jahrelange Leerstand des Hertie-Gebäudes tat Tegel weh. Daher freuen wir uns über die positive Entwicklung des Tegel-Centers und die gute Nachricht über die Rückkehr von Karstadt. Tim Zeelen, Abgeordneter für Tegel, Borsigwalde, Waidmannslust und Wittenau, will darüber hinaus die Markthalle als Tegeler Herzstück erhalten und erinnert sich gern zurück. „Wir Reinickendorfer verbinden mit der Markthalle Heimat. Viele von uns gehen seit Jahrzehnten hier einkaufen. Sie ist ein wichtiger Ankermieter in Tegel und ein Ort, an dem man mit Nachbarn und Freunden ins Gespräch kommt.“
Michael Grimm, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft „Kunst und Kultur in Tegel“ ergänzt: „Die Markthalle gehört zur Tegeler Kultur wie das Humboldt-Schloss und die Sechserbrücke.“
Emotional wird Felix Schönebeck von der Initiative „I love Tegel“ mit seinem Appell „Die Markthalle ist seit Jahrzehnten für viele Tegeler das Herz unserer Fußgängerzone. Mit einem modernen Konzept, einer Mischung aus Tradition und Moderne, muss die Markthalle für die Zukunft erhalten bleiben!“
„Aus dem ganzen Umland kommen Kunden, um in der Markthalle in Tegel einkaufen zu gehen. Diese Institution darf nicht verschwinden!“, ermahnt Frank-Max Polzin, auch bekannt als „Postmaxe“ und verweist auf das Potential der Markthalle.
Auch die wirtschaftliche Komponente spiele eine Rolle, äußert sich Christian Garbrecht vom Tourismusverein Berlin – Reinickendorf e.V. „Unsere Markthalle ist ein Aushängeschild für die Tegeler Fußgängerzone. Sie belebt das Geschäft und rundet das Angebot ab.“
Die Initiative hat Anfang Juli eine Unterschriftensammlung unter dem Motto Tegel kämpft um seine Markthalle gestartet. Diese liegt in vielen Tegeler Geschäften aus. Wer unterschreiben möchte findet online unter www.facebook.com/markthalletegel ein Formular. Gerne sendet die Initiative auch Listen zu Ihnen nach Hause. Eine Mail an info@tim-zeelen.de oder ein Anruf unter (unsere Büronummer) genügt.
Bislang haben schon Hunderte Tegeler unterschrieben. Gemeinsam wollen wir zeigen: Tegel kämpft um seine Markthalle.
Tegel: Wird die Markthalle bleiben?
Unterschriftenlisten für den Erhalt der Markthalle lagen aus und wurden eifrig gefüllt. Angeblich ist die Markthalle in Tegel gesichert. Wirklich? Die Reinickendorfer Allgemeine Zeitung stimmte ihre Leser schon mal ein: Wer das eine will, muss das andere mögen. Sprich: Wer sich über die geplante Sanierung des Tegel-Centers freut, muss auch höhere Preise oder ein höherpreisiges Angebot in Kauf nehmen. Es könne nicht alles bleiben, wie es ist. Die ersten Standbetreiber in der Markthalle haben zum Jahresende gekündigt, weil sie über einen kurzfristigen Mietvertrag verfügen, andere können es nicht, müssen die höheren Mieten zahlen. Glücklich, wer wegen eines langfristigen Vertrages eine Abfindung erhält. In der Passage stehen bereits mehrere Geschäftsräume leer. Auch zur Grußdorfstraße hin sollen gewerbliche Mieter ausgezogen sein. Was wie ein normaler Wechsel erscheinen könnte, ist vorgezogener und beschleunigter Strukturwandel.
Der Investor Harald Huth, so scheu er sich der Öffentlichkeit gegenüber gibt, ist bekannt für seine Strategie: Große Ketten wie H & M und Media-Markt müssen her, das mittlere und obere Preissegment muss bedient werden, kleine Händler interessieren ihn nicht. Entsprechend sehen seine Malls aus. Wird die Mall of Tegel sich davon abheben? Nein, sie kann es nicht. Eine Mall soll satten Gewinn abwerfen, damit sich internationale Anleger dafür interessieren.
So groß in Tegel die Freude über die geplante Sanierung des Tegel-Centers ist, so groß der Jubel über den ersten Karstadt-Neubau seit dreißig Jahren – und das in Tegel! – so nachdenklich muss man werden, wenn man sich die mögliche Entwicklung nüchtern ansieht. Das Huth-Imperium ist zu besichtigen: Gropius-Passagen, die größte Mall Berlins, die Mall of Berlin am Leipziger Platz, die zweitgrößte, und das „Schloss“ in Steglitz; noch im Bau: das Schultheiß-Center in Moabit, geplant: die Mall of Ku-Damm. 1994 beim Start der Gropius-Passagen schossen die Mieten von 50 auf 140 Mark pro Quadratmeter.
Hinzu kommt: Die Verkaufsfläche in der neuen Mall of Tegel soll größer werden als in den Hallen am Borsigturm. Es wird eine gnadenlose Konkurrenz werden. Noch steigen auch in den Hallen die Mieten. Wittstock hat aufgegeben, Strauß Innovation ist nach zweiter Insolvenz ausgezogen.
Und was wird aus der Berliner Straße, der Hauptverkehrsstraße Tegels und Einkaufsstraße? Sie könnte von zusätzlicher Laufkundschaft profitieren, wenn …, ja wenn die Hausbesitzer nicht big Harald nacheifern und ebenfalls fett Kasse machen wollen. Denn nur bei relativ niedrigen Mieten werden die Einzelhändler auf der Berliner Straße der Konkurrenz durch die Mall nebenan standhalten.
Aber wo soll das Geld für zwei Malls in Tegel herkommen? Sicher, mit den neuen relativ hochpreisigen Eigentumswohnungen am S-Bahnhof und am Hafen ist zahlungskräftige Kundschaft nach Tegel gezogen; ihnen ein Angebot zu unterbreiten, bietet sich an.
Ich möchte allerdings wetten, dass sie und die eingesessenen betuchten Tegeler keine zwei Malls werden füttern können – auch nicht die gelegentlichen Passagiere der Flusskreuzfahrtschiffe und Pendler aus dem Umland. Bei letzteren allenfalls auf Kosten beispielsweise des Einkaufszentrums in Hennigsdorf, das dann gänzlich zu veröden droht.
Nie und nimmer werden Händler von Spreewaldgurken, von Gewürzen und Eiern, geschweige denn der Verleiher von Groschenromanen die Rendite internationaler Anleger bedienen können. Das Schicksal der Markthalle in ihrer historischen und jetzigen Form ist besiegelt. Besuchen Sie die Markthalle, so lange sie noch steht!
Meinhard Schröder
20.10.16