Auf dem Grundstück Schloßstraße 9-10 ließ die „Große Berliner Straßenbahn-Actien-Gesellschaft“ in den Jahren 1899/1900 den „Straßenbahnhof VI“ nach Entwurf der Technischen Abteilung unter Fischer-Dick erbauen. Die Maurer- und Zimmerarbeiten erbrachte das Tegeler Baugeschäft A. Müller Söhne (Schloßstraße 3), den großen Wagenschuppen führte das Berliner Baugeschäft M. Ziegra aus. Der Bau war erforderlich geworden, weil der Pferdebahnbetrieb der seit 1881 von Berlin nach Tegel verkehrenden Straßenbahnlinie auf elektrischen Betrieb umgestellt wurde und der Pferdebahnbetriebshof an der Ofener Straße am Wedding aufgegeben werden sollte.
Die neuen Gebäude wurden in Rohziegelbauweise aus gelben Ziegelsteinen erbaut. Das links von der Toreinfahrt gelegene Büro- und Wohngebäude enthielt im Erdgeschoss Räume für die Straßenbahnfahrer und Wagenwäscher, für Betriebsmaterialien, Kohle, Schmier- und Putzöl, ferner ein Hofverwalterbüro. Im ersten Obergeschoss gab es einen großen Schaffner-Abrechnungsraum (Kasse), ein Schaff ner-Büro, ein Inspektorbüro. Im zweiten Obergeschoss befand sich eine Dienstwohnung. Im Dachgeschoss waren ein Lagerboden, eine Montierungskammer, Waschküche, Mieter- und Trockenboden. In dem rechts der Einfahrt gelegenen kleinen Lagergebäude wurden im Erdgeschoss die Toiletten, der Petroleumraum, Rettungswerkzeug für Unfälle, Sand und Salz für den Winterdienst untergebracht. Im Obergeschoss befand sich ein Lagerboden, hier brachte man auch die Schneeräumutensilien unter.
In späteren Jahrzehnten änderte sich die Nutzung mehrerer Räume. Auf dem Hof stand die große, bis an den Königsweg reichende Wagenhalle mit elf Einfahrtstoren, durch die jeweils ein Gleis in die Halle führte. Dort war Platz zur Aufstellung von 90 Motor- und Anhängerwagen vorhanden. Im hinteren Hallenteil am Königsweg waren Werkstatträume nebst Schmiede und Tischlerei sowie Lager-, Umkleide- und Wohnräume für die dort tätigen Arbeiter abgeteilt. Das 9.179 m2 große Grundstück hatte 83.350 Mark gekostet, die Herstellung der Gebäude 269.000 Mark. Am 2. Oktober 1900 wurde der Straßenbahnhof in Betrieb genommen.
1935/36 wurde die Hallenfassade, die bisher neogotische Zierformen und gemauerte Rundbogeneinfahrten für jedes Gleis aufwies, in einfacher Form mit gelben Klinkersteinen neu gestaltet. Der Straßenbahnhof erlitt keine größeren Kriegsschäden. Das zerstörte hintere Dach der Fahrzeughalle konnte erst 1949 instandgesetzt werden.
Mit Betriebsschluss am 31. Mai 1958 wurde der Straßenbahnverkehr in Tegel eingestellt. In der stillgelegten Wagenhalle brachte der Senat von Berlin bis 1978 Vorräte für die Versorgung der Bevölkerung im Falle einer neuen West-Berlin-Blockade unter; im Dezember 1982 riss man die Halle ab. Im Werkstattgebäude eröff nete man um 1985 eine kleine Künstler-Galerie. Auf dem Platz der Wagenhalle wurden Parkplätze angelegt. Das ehemalige Büro- und Wohngebäude mit der noch vorhandenen Inschrift „Grosse Berliner Straßenbahn/Bahnhof VI“ wurde 1986 renoviert.
Die Straßenbahngleise verliefen um 1900 nur durch die Berliner Straße und die Schloßstraße bis zum Straßenbahnhof. Erst um 1905 wurde die Endhaltestelle in die Straße Alt-Tegel verlegt, und die dort die Fahrt nach Berlin beginnende Bahn wurde über eine eingleisige Schleife durch die Treskow- und Schlieperstraße zur Berliner Straße geleitet.
Am 13. Juli 1900 wurde die elektrische Straßenbahnlinie – seit 1902 mit der Liniennummer 25 – von Tegel bis Berlin, Charlottenstraße in Betrieb genommen. Die Liniennummer 25 galt für die Tegeler Straßenbahn bis zur Einstellung des Straßenbahnbetriebes 1958. Später kamen andere Linien dazu. Nach dem 2. Weltkrieg verkehrten hier die Linien 25, 28, 128 – seit 1949 Linie 29 genannt – und 41 in Richtung Wedding, Reinickendorf-Ost sowie nach Heiligensee und Tegelort.
Nach der Einstellung des Straßenbahnverkehrs in Tegel entfernte man die Gleise während der nächsten Jahre.
Der ehemalige Straßenbahnhof