Vor 52 Jahren wurde die U-Bahn nach Tegel eingeweiht
Wie doch die Zeit vergeht. Am 31.5. 2010 sind bereits 52 Jahre vergangen, seit die U-Bahn über den Kurt-Schumacher-Platz hinaus nach Tegel verlängert wurde. Lesen Sie nachfolgend einen kleinen Rückblick auf das Ereignis.
Am 31.1.1912 wurde die landespolizeiliche Genehmigung zum Bau einer U-Bahn in Nordsüd-Richtung erteilt, deren Inbetriebnahme als Teilstrecke Hallesches Tor – Stettiner Bahnhof – Seestraße allerdings bis 1923 dauerte. In den Jahren 1924 – 30 folgte der gabelförmige Ausbau in südöstlicher Richtung bis Neukölln und in südlicher Richtung bis Tempelhof.
1929 schlug der damalige Stadtrat für Verkehrswesen, Ernst Reuter, eine Verlängerung der U-Bahnlinie C in nordwestlicher Richtung bis zur Scharnweberstraße in Reinickendorf vor. Tatsächlich wurden Bauarbeiten aufgenommen und Tunnelstücke fertig, doch die Arbeiten wurden wieder eingestellt. Erst am 17.8.1953 beschloss der Senat von Berlin, eine Verlängerung der U-Bahnlinie über Seestraße hinaus in Richtung Tegel vorzunehmen und zunächst mit einer Teilstrecke bis zum Kurt-Schumacher-Platz zu beginnen. Der erste Rammschlag in der Seestraße erfolgte am 26.10.1953. Die 2,4 km lange Verlängerung konnte am 3.5.1956 in Betrieb genommen werden.
Der durch die Tunnelstrecke angefallene Erdaushub wurde bereits für eine Dammaufschüttung eingeplant, die im zweiten Bauabschnitt anfiel. Hinter dem U-Bahnhof Holzhauser Straße schlossen dann im Frühjahr 1956 die Bauarbeiten für das Tunnelstück bis zum Endbahnhof Tegel an. Diese Arbeiten dauerten zwei Jahre. Die Betriebseröffnung des 4,3 km langen Bauabschnittes vom Kurt-Schumacher-Platz bis nach Tegel am 31.5.1958 bedeutete für Bewohner, Beschäftigte und Ausflügler den lange erwünschten Anschluss Tegels an das U-Bahnnetz. Der Abschluss der insgesamt 6,7 km langen Anschlussstrecke in einer Bauzeit von 4 ½ Jahren wurde in Tegel im Rahmen einer Tegeler Woche gefeiert. Durch die Verlängerung der U-Bahnlinie musste die BVG ihren Wagenpark erweitern. Es wurden 54 Wagen eines neuen Typs zusätzlich in Betrieb genommen. Die Wagen waren ca. 16 m lang und bildeten paarweise eine Zugeinheit mit Führerständen an beiden Enden. So konnten Zwei-, Vier- und Sechs-Wagenzüge eingesetzt werden. Die Wagen verfügten über vollautomatische sog. Scharfenberg-Kupplungen. Zur mechanischen Kupplung einschließlich der Druckluft- und elektrischen Steuerleitungen genügte es, wenn die Wagen leicht aneinander fuhren, zur Entkupplung reichte eine Hebel-Bedienung im Führerstand.
Zwei Motore von je 150 kW Leistung erreichten eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h. Leuchtstoffröhren beleuchteten das Wageninnere, eine Notbeleuchtung bei Ausfall des Bahnstroms wurde durch Akkumulatorenbatterien gespeist. Die Zugeinheit bot 72 Sitz- und 228 Stehplätze. Die Umformerstationen konnten die Versorgung von 24 Zügen mit je vier Wagen pro Stunde auf jedem Gleis leisten. Somit war eine Beförderung von 15000 Fahrgästen pro Stunde und Gleis möglich.
Die Zugfolge war in Abständen von 5 Minuten vorgesehen. Die Fahrzeit vom U-Bahnhof Kurt-Schumacher-Platz bis zum U-Bahnhof Tegel betrug 9 Minuten. Dies entsprach einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 28,6 km/h. Auf der gesamten Strecke wurden 21 Züge benötigt. Die Aufstellgleise am U-Bahnhof Tegel konnten während der Betriebspause 8 Züge im Umfang von Vier-Wagenzügen aufnehmen.
1958 verließ der erste Zug den Bahnhof um 4.59 Uhr, der letzte Zug traf um 0.49 Uhr ein.Es würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen, auf jegliche Veränderungen seit 1958 einzugehen. Genannt seien nur in Stichworten:
- Linienbezeichnung jetzt U 6 mit Streckenführung nach Alt-Mariendorf,
- Umbenennung des U-Bahnhofs Tegel in Alt-Tegel (1992),
- Zuglänge, von Kurzzügen abgesehen, sechs Wagen (seit Ende Sept. 1996),
- Umbenennung des U-Bahnhofs Seidelstr. in Otisstr. (Jan. 2003),
- Ausstattung des U-Bahnhofs Alt-Tegel mit einem Aufzug (2006).
- Zwischen Kurt-Schumacher-Platz und Alt-Tegel Gleisbett-Reparaturen, Einbau neuer Sicherheitstechnik sowie Weichen vor dem U-Bahnhof Alt-Tegel (April 2007).
Durch die nachträglich eingebauten Weichen ist es nicht mehr erforderlich, dass die U-Bahnzüge vor der Rückfahrt die weiter nördlich befindliche Kehranlage benutzen.
Rund 50 Jahre liegen zwischen diesen beiden Fotos. Links ein U-Bahnzug um 1958 auf dem U-Bahnhof Borsigwerke, rechts ein Zug im Jahre 2008 auf dem U-Bahnhof Alt-Tegel.
Gerhard Völzmann
Mitglied des Förderkreises für Bildung, Kultur
und internationale Beziehungen Reinickendorf e. V.